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Arthur Lutze

Arthur Lutze (1813–1870) war ein deutscher Laienheiler und Homöopath, der im Volksmund als „Wunderheiler“ bezeichnet wurde. Er errichtete in Köthen die damals weltweit größte und modernste homöopathische Klinik und gilt hierdurch als Pionier des Klinikwesens in der Homöopathie. Seine Anhänger ehrten ihn mit dem „Hahnemann-Lutze-Denkmal“, welches sich ebenfalls in Köthen befindet.


Jugend, Ausbildung und Berufsjahre

Lutze-Denkmal in Köthen.
Bildquelle: Stadt Köthen (Anhalt)

Geboren wurde Arthur Lutze als Sohn des hannoverschen Konsuls in Berlin in dessen Haus Unter den Linden. Er wuchs auf dem Familiengut Arthursberg bei Stettin auf, welches nach ihm benannt war. Seine schulische Ausbildung absolvierte er am Stettiner Gymnasium und ab 1827 an der Kgl. Waisen- und Schulanstalt zu Bunzlau, wo er von dem aus Stettin stammenden Oberlehrer Karow unterrichtet wurde. 1829 wechselte er an das Joachimsthaler Gymnasium in Berlin und für kurze Zeit an das Collège francais, bevor er 1831 in Nordhausen in den Postdienst eintrat. Das von ihm angestrebte Studium der Theologie konnte er aus finanziellen Gründen nicht antreten.[1][2]

In Nordhausen lernte er auch Dr. Philipp Rath kennen, der ihn an die Homöopathie heranführte. Bereits zu dieser Zeit begann Lutze mit der Behandlung von Menschen, woran auch seine erste Verlobung scheiterte, da seine Braut die Laienmedizin missbilligte.[1][2]

Am 21. März 1835 trat er eine Stelle in Neustadt-Eberswalde an, wo er an seinem freien Tag auch „literarische Vorlesungen“ abhielt. 1836 wechselte er nach Erfurt und legte dort am 28. März 1837 sein Examen für den höheren Postdienst in Berlin ab. Daran schlossen sich Anstellungen in Halberstadt, Magdeburg und Merseburg an, bis er am 31. März 1838 an die General-Postamts-Calculatur versetzt wurde. Im Mai 1838 wurde er vertretungsweise nach Stettin beordert. Nach seiner Rückkehr begann er in Berlin wieder mit homöopathischen Behandlungen. Im Herbst 1839 wurde Lutze nach Halle an der Saale versetzt, wo er seine erste „Praxis“ unterhielt. Dies brachte ihm eine Verwarnung des Kreis-Physikus ein, die er allerdings ignorierte.[1][2]

Von Halle wurde Arthur Lutze nach Cottbus und kurz darauf nach Langensalza versetzt, wo er nach eigenen Angaben an einem „Nervenfieber“ erkrankte. Auch dort behandelte er Patienten ohne Approbation. Er schreibt dazu in seiner „Selbstbiographie“:

In Langensalza war mir in Bezug auf meine homöopathische Praxis schon ein freieres Feld eröffnet, da einige Laien, die homöopathischen Curirens wegen verklagt und vom Gericht freigesprochen waren, weil sie keinen Schaden zugefügt und keine Bezahlung dafür genommen, die Bahn gebrochen hatten. Kein Arzt und Apotheker klagte mehr, weil sie es für vergeblich hielten. Nach früheren Gesetzen nämlich kam man auf diese Art durch; nachdem auch ich […] daraufhin freigesprochen war, schäfte man das Gesetz bei der allgemeinen Revision durch den Zusatz, daß auch Derjenige der Medizinal-Pfuscherei schuldig zu halten sei, dem das Curiren durch einmaliges polizeiliches Verbot untersagt worden sei. Hierdurch ist den Laien das ausgebreitete Curiren in Preußen abgeschnitten, da sich fast immer Denuncianten finden, auf deren Anzeige das polizeiliche Verbot erfolgt, und sie dann dem Gesetze verfallen sind.[1][2]

Lutze gibt selbst an, an einem Vormittag bis 11 Uhr, als sein Postdienst begann, 53 Kranke behandelt zu haben. Auch nach seiner Versetzung nach Mühlhausen behielt er dies bei. Dort verkehrte er auch in der Familie des Hofrates Nordmann, der bereits bei Hahnemann „homöopathische Versammlungen“ besucht hatte. Er experimentierte hier auch mit eigenen Mitteln.

So potenzirte ich öfters bei meinem Freunde und schüttete mir in der Regel die alten Streukügelchen in den Thee, doch immer mehrere Mittel zusammen, und hatte nie eine Wirkung davon bemerkt.[1][2]

In dieser Zeit wurde Lutze auch wegen „Medizinal-Pfuscherei“ angezeigt, wurde aber vom Halberstadter Gericht freigesprochen, da er sich nie bezahlen ließ und auch keinen Schaden angerichtet habe. Er war damals bereits vom Dienst suspendiert, da 160 Taler aus seiner Postkasse fehlten.[1][2]

Während seiner Mühlhausener Zeit erschien auch ein Heftchen mit dem Titel „Hahnemanns Todtenfeier“. Es enthielt einen Vortrag, den er allenthalben zum Besten gab und nach und nach um Fallbeschreibungen und weitere Artikel erweitert wurde. Lutze selbst stilisierte es zu einem „Manifest der Homöopathie“ hoch.[1][2][3]

Von Mühlhausen aus zog er 1843 nach Potsdam. Dort wohnte er im Haus des Regierungs- und Schulrats Wilhelm von Türk, wo er wiederum auch Kranke behandelte. Nach eigenen Angaben wurde der Andrang so groß, dass er ein eigenes Zimmer nur für diese Behandlungen anmieten musste. Diese Behandlungen wurden ihm untersagt, da er kein approbierter Arzt war. Lutze setzte sich über diese Anordnung allerdings hinweg und behandelte weiter, bis seine Räumlichkeiten versiegelt wurden.

Doch ich ging zum Fenster hinein und fertigte vom Fenster aus ab, da das Zimmer zu ebener Erde lag. Da erhielt ich eine Ordre der Regierung, daß, wenn ich noch einen Kranken abfertigte, ich sofort arretirt würde.[1]

Aufgrund persönlicher Beziehungen erhielt Lutze eine Audienz beim preußischen König, der ihm weiteres Behandeln erlaubte, ihn aber anwies, so bald als möglich ein medizinisches Examen abzulegen.[1][2][4]

Auf Wunsch seines Gönners von Türk richtete Lutze in Klein-Glienicke auch die Hahnemannia ein, ein Krankenhaus für Kinder aus armen Familien, wo nach homöopathischen Gesichtspunkten behandelt wurde. Dort entwickelte er auch den von ihm so benannten „Gesundheits-Kaffee“, eine Mischung aus Gerstenmalz, Roggen, Zuckerrüben und Zichorie.[1][2][4][5]

Auch dort regte sich Widerspruch gegen das Treiben Lutzes, und er sah sich starker Kritik ausgesetzt. Er lieferte sich auch regelrechte „Leserbriefschlachten“ mit seinen Gegnern. Sogar unter Homöopathen war er stark umstritten. So veröffentlichten die vier homöopathischen Ärzte Berlins, Drs. Bamberg, Reisig, Melicher und Kallenbach, in der Vossischen Zeitung einen umfangreichen Artikel gegen Lutze, in denen sie vor allem seinen Status als medizinischer Laie kritisierten. In seiner Entgegnung darauf behauptete Lutze, 14.000 Patienten geheilt zu haben, darunter sogar Blinde und Taube.[1][2]

1846 wurde er mehrfach wegen seiner Tätigkeit verklagt, darunter einmal wegen allzu scharfer Angriffe auf „Allöopathen“ sowie eine Klage der königlich-preußischen Regierung wegen Beleidigung, die ihm sechs Wochen Gefängnis einbrachte.[1][2]

Umzug nach Köthen

Nachdem Lutze sich geweigert hatte, dem königlichen Befehl nachzukommen und kein medizinisches Staatsexamen ablegte, wurde am 16. Mai 1845 seine Praxis auf höchste Anordnung hin geschlossen und von Polizisten bewacht. Lutze war der Meinung, der König habe von einem (zur damaligen Zeit nicht existierenden) Homöopathie-Examen gesprochen und wandte sich wieder an den König. Dieser ließ zwar per Dekret die Polizisten abziehen, hielt an der Praxisschließung allerdings fest. Trotzdem ließ Lutze eine Annonce in der Berliner Zeitung veröffentlichen, in der er nicht nur das Fortbestehen seiner Praxis verkündete, sondern auch die königlich-preußische Regierung scharf angriff. In der Vossischen Zeitung vom 3. Juni ließ der König daraufhin folgende „Kabinets-Ordre“ abdrucken:

Mit tiefem Unwillen habe ich in Erfahrung gebracht, wie der ehemalige Post-Secretair A. Lutze den von Mir dem hiesigen Polizei-Director von Kahlden-Normann gegebenen Befehl, durch welchen lediglich die von letzterem angeordnete Bewachung seiner Wohnung durch Gensd’armen suspendirt worden ist, zu einer, der Wahrheit widersprechenden, Meine Behörden compromittirenden öffentlichen Bekanntmachung gemißbraucht hat. Es hat sich aber auch der A. Lutze nicht entblödet, in seiner beigehenden Vorstellung vom 15ten d. M. die Regierung zu Potsdam ‚grober und frecher Lügen‘ zu zeihen und zu behaupten, daß er sie zweimal dringend gebeten habe, ihn zum Examen zu berufen und somit der ihm von Mir gestellten Bedingung, unter welcher ihm die ärztliche Praxis einstweilen gestattet worden, nachgekommen sei, während er selbst in seiner mit Anlagen gleichfalls beigehenden Eingabe vom 16ten d. M. übereinstimmend mit den von Ihnen und dem Minister des Innern gemeinschaftlich erstatteten Berichte vom 25. März erklärt, daß er sich nur erboten habe, vor einer homöopathischen Commission sein Examen zu machen, wovon nicht die Rede sein konnte, wenn es sich um Erledigung der obigen Bedingungen handelte. Derselbe hat sich dadurch der gnädigen Berücksichtigung, welche Ich ihm durch Meine Ordre vom 21. Oktober v. J. habe angedeihen lassen, durchaus unwürdig bewiesen und es ist daher Mein bestimmter Wille, daß fortan gegen ihn überall nach der Strenge der Gesetze verfahren werde, und namentlich die von den Behörden angeordneten, von mir einstweilen sistirten Prohibitiv-Maßregeln, um seinem unbefugten Treiben ein Ziel zu setzen, ungestörten Fortgang erhalten. Was aber insbesondere die obigen, in seiner Immediat-Eingabe enthaltenen Schmähungen anlangt, so will Ich mit Rücksicht auf Meine Ordre vom 18. Dezember 1841 nicht nur geschehen lassen, daß die Regierung ihn dieserhalb zur gesetzlichen Strafe ziehen lasse, sondern Ich gewärtige vielmehr, daß sie von diesem Rechte Gebrauch machen werde.

Potsdam, den 26. Mai 1845, gez. Friedrich Wilhelm[1][2]

Lutze behauptete zu jener Zeit auch, während seiner Gefängnisstrafe „Magnetische Mittheilungen in die Ferne“ geschickt und „Mesmerismus“[B 1] betrieben zu haben. Nach seiner Entlassung aus der Haft ging er nach Berlin, um seine damals geplante Übersiedlung nach London vorzubereiten. Wieder beschäftigte er sich mit übersinnlichen Thematiken, und dort soll ihm auch ein Hellseher seine Übersiedlung nach Köthen vorausgesagt haben. Lutze stellte daraufhin seine Umzugspläne nach England zurück.[1][2]

Im Juli 1846 besuchte Lutze erstmals die ehemalige Wirkungsstätte Hahnemanns und trat dort mit einflussreichen Bürgern in Kontakt, um den regierenden Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen positiv für ihn zu beeinflussen. Allerdings hatten die Köthener Behörden in Potsdam Informationen über Lutze eingeholt, und so musste er erst einige Leumundszeugnisse von angesehenen Bürgern einholen und sich beim Herzog persönlich legitimieren. Und wieder begann er mit der Behandlung von Patienten, obschon er noch keine Erlaubnis zur Eröffnung einer Praxis hatte. Bald schon zeigte ihn die Medizinalbehörde an, wogegen er nur durch eine persönliche Fürsprache des Herzogs ankam. Lutze konnte ihn aber nicht nur zur Erlaubnis einer Praxis bewegen, sondern auch zu einer Genehmigung zum Selbstdispensieren von Arzneimitteln. Diese benötigte er aber teilweise nicht mehr, heilte er doch nach eigenen Angaben durch „Lebensmagnetismus“.[1][2][4]

In diesen Jahren hatte Lutze den Ruf eines Wunderheilers, der alles und jeden kurieren konnte, so dass seine Praxisräume in Köthen bald schon sehr überlaufen waren. Hier hörte er auch auf, sich Haupt- und Barthaar zu scheren, da er der Ansicht war, dass seine „Lebensenergie“, mit der er heilte, in den Haaren saß.[1][2]

Am 18. Mai 1850 promovierte er in Jena zum Doktor der Medizin mit seiner Dissertation De cataractae extractione. Das dazugehörende Studium bestand aus einem „Augen-Operations-Cursus“ bei Dr. Blasius in Halle an der Saale.[1][4]

Dies geschah aber gezwungenermaßen, denn nachdem sein Gönner Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen verstorben war und das Herzogtum an Anhalt-Dessau fiel, wurde Herzog Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau Landesherr, der kein Freund der Homöopathie und des Treibens Lutzes war. Er wollte ihm die Approbation entziehen und aus seinem Herzogtum ausweisen. Dies hatte aber starke Proteste seiner Anhänger in der Bevölkerung zur Folge, und auf Vermittlung des Ministers von Geßler konnte der Kompromiss gefunden werden, dass Lutze eine ordentliche Universitätsprüfung ablegen solle, um als Doktor weiter zu praktizieren.[6]

Die Lutze-Klinik

1854 begann Lutze damit, eine regelrechte Klinik zu planen. Aus ersten Überlegungen zu einem reinen Anbau an sein Wohnhaus wurde bald der Neubau eines Klinikgebäudes.

Jedes Stockwerk sollte eine Höhe von circa 15 Fuß haben, demgemäß große Fenster, und für jedes Krankenzimmer eins, welches auch nicht ohne ärztliche Rücksicht für Augenkranke und Nervenleidende bestimmt wurde, da 2 Fenster stets einen störenden Doppelschatten werfen (…) Am 15. Oktober begannen die Bauarbeiten und am 15. Dezember wurde Richtfest gefeiert. Manche bewundern dies jetzt, doch wir wurden von der Witterung merkwürdig begünstigt, und 149 Arbeiter waren täglich in Bewegung.[1]

Lutze selbst beschreibt seine Klinik wie folgt:

In dem neuen Hauptgebäude nimmt ein Saal, zur Poliklinik bestimmt, den größten Theil der Front nach Osten ein, mit einem Eingange von der Straße. Dicht daran stößt das Sprechzimmer, zu Special-Consultationen, Untersuchungen und Operationen. In dem Stockwerke unmittelbar darüber befindet sich der Musiksaal mit seinen beiden Vorhallen, vom Bildhauer mit einem Kreuzgewölbe und reicher Stuckatur-Arbeit in gothischem Style geziert. In dem dritten Stockwerke ist das Eckzimmer nach Nord-Ost zu einer Galerie von etwa 40 bis 50 Oelgemälden benutzt, und den Corridor des Seitenflügels zieren Kupferstiche der bedeutendsten Meister. Der neuerbaute Flügel nach Süden ist zu einem Naturalien- und Antiquitäten-Cabinet bestimmt, und unmittelbar von diesem gelangt man auf einer kleinen eisernen Wendeltreppe nach der Sternwarte. Im Ganzen hat das Haus 72 Zimmer, und was davon nicht von meiner Familie bewohnt oder zu Arbeitszimmern benutzt wird, sind Krankenstuben.[1]

Die Klinik erhielt auch eine damals neu aufgekommene Wasserheizung, wodurch die sonst gängigen Holzöfen in den einzelnen Zimmern entfielen. Auch richtete sich Lutze in seiner Klinik einen Verlag mit Druckerei ein, um seine eigenen Schriften selbst zu publizieren und zu vermarkten.[1][2][4]

Zur Finanzierung des Projektes gab er 100.000 sogenannte „Lutze-Thaler“ an private Spender aus, die Verbreitung bis nach Sachsen, Bayern und Österreich fanden. Auch gab die Landesbank in Dessau einen Zuschuss.[1][2][4]

Der Bau wurde im Stil der italienischen Neorenaissance gehalten, hatte aber auch gotische Elemente.[6] Im Garten der Klinik wurde am 10. April 1855, dem 100-jährigen Geburtstag Hahnemanns, ein überlebensgroßes Standbild Hahnemanns aufgestellt.[1] Das äußerst sehenswerte Gebäude wurde bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges medizinisch genutzt, wenngleich der reine Klinikbetrieb bereits 1914 eingestellt wurde.[6]

Lutze und seine Klinik war unter Homöopathen allerdings nicht unumstritten. Zeitweise tobte sogar eine starke Kontroverse und es wurden Anstrengungen unternommen, seinen Klinikbetrieb untersagen zu lassen. Kritikpunkte waren einmal der Massenbetrieb, der jede Individualität vermissen ließ, dann die Behandlung mit „Lebensmagnetismus“ und Lutzes Hinwendung zum Übersinnlichen sowie die von ihm verordneten schwächenden Diätregeln. Lutze hatte bereits Ende der 1840er Jahre in seiner Broschüre Lebensregeln der neuen, naturgemäßen Heilkunde Diätregeln erlassen. So verbot er den Genuss von Kaffee, Zichorie, Tabak, Tee, Alkohol, scharfen Gewürzen und Kräutern, außerdem sollte kein Fleisch zu sich genommen werden und er empfahl eine vegetarische Lebensweise. Damit handelte er natürlich Hahnemann komplett zuwider, der jede schwächende Vorschrift oder Diät ablehnte.[1][2][5]

Späte Jahre und Tod

Nach eigenen Angaben wurde Lutze in den Jahren bis 1860 Ehrenmitglied der Homöopathischen Academie zu Rio de Janeiro, korrespondierendes Mitglied der Homöopathischen Academie zu Palermo und Ehrenmitglied des Homöopathischen Vereins Darmstadt sowie der Société de Pharmacodynamie homöopathique in Brüssel.[1][2]

Hahnemann-Lutze-Denkmal in Köthen.
Bildquelle: Stadt Köthen (Anhalt)

1860 lag sein Lehrbuch der Homöopathie in zwei Bänden vor, wofür er zum Sanitätsrat ernannt wurde. Dieses Lehrbuch wurde in die englische, spanische, russische, polnische und französische Sprache übersetzt. 1862 richtete Lutze auch seinen eigenen Verlag in der Klinik ein und vertrieb seine Titel nun selbst.[1][2][4]

In jenen Jahren brachte Lutze auch eine eigene homöopathische Reiseapotheke auf den Markt, die er aufgrund des günstigen Verkaufspreises besonders an christliche Missionare verkaufte.[1][2]

Seit dem 10. April 1858 gab er zudem eine zweiwöchig erscheinende Zeitschrift mit dem Titel Hahnemannia: Fliegende Blätter für Stadt und Land über Homöopathie heraus.[1][2]

Im Februar 1865 publizierte er eine 6. Auflage von Hahnemanns Organon der Heilkunst, die zwar von dessen letzter lebender Tochter autorisiert, durch seine Ergänzungen aber von den anderen Homöopathen abgelehnt wurde. Hiergegen polemisierte Lutze in derber Art und Weise.[1][2]

Er begann auch, Medikamente und vegetarische Produkte herzustellen und in alle Welt zu versenden.[6]

Arthur Lutze verstarb am 11. April 1870 in Köthen.[4][6]

1897 wurde das Lutze-Hahnemann-Denkmal im dortigen Schlosspark gegenüber der Lutze-Klinik eingeweiht.

Familie

Am 14. November 1847 verheiratete sich Lutze mit Auguste Lautsch, der Tochter eines befreundeten Predigers, den er bereits während seiner Zeit in Halberstadt kennenlernte. Das Paar hatte drei Söhne: Ernst Arthur, geboren am 13. Oktober 1848 um 11.30 Uhr, Carl Arthur, geboren am 29. November 1851 um 8.00 Uhr und Paul Arthur, geboren am 4. März 1853 um 11 Uhr.[1][2][6][7]

Alle drei Lutze-Söhne wurden Ärzte, aber während sich Carl 1892 in Hamburg und Ernst 1904 in Berlin niederließen, kehrte Paul Lutze nach bestandenem Medizin-Studium nach Köthen zurück und übernahm die Leitung der Lutzeklinik, die er wegen Patientenmangels aber schließen musste. Er eröffnete daraufhin eine homöopathische Praxis. Nach dem Ersten Weltkrieg vermietete er große Teile der Klinik, behandelte dort aber auch Kriegsverwundete. Mit seiner Frau Anna geb. Krause, die er am 2. Mai 1892 geheiratet hatte, hatte er drei Kinder. Er lebte bis zu seinem Tode am 20. November 1937 im Gebäude der Lutzeklinik an der Springstraße.[6][7]

Charakterisierungen

Der Maler Wilhelm von Kügelgen charakterisierte Arthur Lutze folgendermaßen:

Denke Dir eine kurze gedrungene Gestalt mit einem großen, aber schönen und intelligenten Kopf, von welchem lange schwarzgraue Haare bis auf den Rücken herabhängen und ein ungeheurer Prophetenbart, der wie eine Schürze die halbe Vorderseite des kleinen Kerls zudeckt. Ein rasch dahin trippelnder Mensch, ohne Fond, ohne sonderliche Kenntnisse und männliche Geistesbildung, aber in hohem Maße praktisch, dazu ein feuriger Enthusiast, unruhig, in rastloser Bewegung Tag und Nacht; durch und durch Talent, Dichter und Redner, aber ohne Genius; gutmütig, gefällig, friedfertig, kolossal wohltätig; kein bewußter Betrüger, aber unwillkürlicher Schwindler, vor allem aber von oben bis unten vollgeladen mit der lächerlichsten, ganz unbemäntelten Eitelkeit.[8]

Lutze sah jede noch so leichte Kritik an der Homöopathie, seiner Klinik oder seinen Büchern als persönliche Schmähung an und beantwortete diese mit beleidigenden und derben Repliken. So bezeichnete er Homöopathen, die sich gegen seine Diätvorschriften aussprachen, als „Henker-Polizei“.[1] Ebenso charakteristisch für Lutze war, dass er die Verantwortung für all jene Strafen, die er aufgrund seines Fehlverhaltens erhielt, stets anderen zuschrieb, wobei an erster Stelle natürlich die „Allöopathen“ stehen. Teilweise sah er sich als Opfer einer Verschwörung.[1][2]

Lutze brauchte die selbstdarstellerische Veräußerung seiner Person und konnte damit auf der Woge einer ungeheuren Popularität schwimmen. Als Schriftsteller und Dichter war er zweifellos nicht genial. Aber wie war er als Heiler? Theatralische Vorführungen mit vordergründiger Effekthascherei und echte Behandlung lassen sich bei ihm kaum trennen. So berichtet Kügelgen davon, wie Lutze vor den Augen seiner Patienten Trinkwasser in Gläsern manipulierte, um es so zu magnetisieren, „daß sie es für Wein trinken“, wie er zu Kügelgen sagte (dieser konnte dann keine Verwandlung des Wassers feststellen). Ein später Verehrer und Hagiograph bringt über Lutze Wesentliches auf den Punkt: „Bis zu seinem Tode ist er ein frommes, gutes, begnadetes und ebenso arg- wie geschmackloses Kind geblieben.“[9]

Nachdem er den Mesmerismus für sich entdeckt hatte, sah er sich gerne in der Rolle des messianischen Heilers und als „Werkzeug Gottes“.[1][2][3]

Quellen- und Literaturangaben
  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 1,17 1,18 1,19 1,20 1,21 1,22 1,23 1,24 1,25 1,26 1,27 1,28 1,29 1,30 1,31 Lutze, Arthur: Selbstbiographie, Köthen, 1866
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 2,13 2,14 2,15 2,16 2,17 2,18 2,19 2,20 2,21 2,22 2,23 2,24 2,25 Ebeling, Friedrich Wilhelm: Arthur Lutzes Leben und Wirken, Dessau, 1854
  3. 3,0 3,1 Lutze, Arthur: Hahnemanns Todtenfeier, Köthen, 1862
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 Hosäus, Wilhelm: Arthur Lutze. In: Allgemeine Deutsche Biographie Band 19, München, 1884, S. 717-718
  5. 5,0 5,1 Lutze, Arthur: Lebensregeln der neuen naturgemäßen Heilkunst so wie Anweisung zur Heilung von Wunden und Verbrennungen, Cöthen, 1852
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 6,6 Artikel über Arthur Lutze auf der Webseite der Stadt Köthen (Link, aufgerufen am 13. April 2017)
  7. 7,0 7,1 Artikel über Paul Lutze auf der Webseite der Stadt Köthen (Link, aufgerufen am 13. April 2017)
  8. Kügelgen, Wilhelm von: Jugenderinnerungen eines alten Mannes, Leipzig, 1925.
  9. Eppenich, Heinz: Geschichte der deutschen homöopathischen Krankenhäusern: Von den Anfängen bis zum ersten Weltkrieg, Heidelberg, 1995.


Anmerkungen und Originalzitate
  1. „Mesmerismus“, auch „Animalischer Magnetismus“ genannt, ist eine von Franz Anton Mesmer (1734–1815) postulierte, angeblich dem Elektromagnetismus analoge biologische Kraft, von der auch eine Heilmethode („Mesmerisieren“) abgeleitet wurde. Sie war zunächst auch in den Wissenschaften populär, verlor indes seit Mitte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung und wird heute nur noch in der Esoterik diskutiert.