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Biochemie nach Schüßler

Die „Biochemie nach Wilhelm Schüßler“ ist eine von dem Oldenburger Homöopathen Wilhelm Heinrich Schüßler erfundene „alternativmedizinische“ Therapie. In der Öffentlichkeit ist diese wissenschaftlich nicht anerkannte Methode unter dem Begriff Schüßler-Salze bekannt. Zwar wird dieses Verfahren oft als Bestandteil der Homöopathie gesehen, aber durch die unterschiedlichen gedanklichen Ansätze und Verordnungsprinzipien ist dies nicht korrekt.

Begriffsbestimmung

Obschon Schüßler den Begriff „Biochemie“ für die von ihm erfundene Therapie wählte, hat diese mit der naturwissenschaftlichen Disziplin der Biochemie, die kurz vorher erste Entdeckungen feiern konnte, absolut nichts zu tun. Das wissenschaftliche Fach der Biochemie firmierte damals unter dem Begriff Physiologische Chemie.[1] Um hier Verwechslungen zu vermeiden, wird Schüßlers Theorie als „Biochemie nach Schüßler“ benannt.

Grundlagen

Erstmals trat Wilhelm Heinrich Schüßler mit seiner Theorie 1873 an die Öffentlichkeit. Im März dieses Jahres publizierte er den Artikel Eine abgekürzte Therapie gegründet auf Histologie und Cellularpathologie, der auf insgesamt 16 Seiten die gesamten Grundzüge seiner Lehre enthielt.

Darin hieß es unter anderem zum Ablauf seiner Forschungen:

Vor etwa einem Jahre nahm ich mir vor auf dem Wege des Experimentes zu ermitteln, ob es möglich sei, sämtliche überhaupt heilbare Krankheiten mittelst derjenigen organischen Substanzen zu heilen, welche die natürlichen, d. h. physiologischen Funktionsmittel des Organismus sind […] Um möglichst sichere Indikationen zu bekommen, unternahm ich ein vergleichendes Studium der betreffenden Pathogenesien. –Nachdem ich mir bei solcher Arbeit ein Indikationsschema angefertigt hatte, führte ich die gedachten Mittel nach und nach in meine Praxis ein. Ich erzielte Erfolge und, bei unrichtiger Wahl Mißerfolge.– Die Berücksichtigung der in Virchows Zellularpathologie enthaltenen histologischen Data führten zur Rektifizierung meines Systems. Nach und nach wurden die allgemein gebräuchlichen Arzneien mir entbehrlich.[2]

Schüßler sah sich mit der Erfindung seiner Therapie tatsächlich in einer Linie mit Rudolf Virchow[B 1] und Jakob Moleschott [B 2], die er als Impulsgeber benannte. Für seine Forschungen reklamierte er strenge Wissenschaftlichkeit:

In Folge meiner […] Forschungen ist eine Cellular- und Molekular-Therapie entstanden, deren Werkzeuge diejenigen anorganischen Substanzen sind, welche im animalischen Organismus als natürliche Functionsmittel wirken. Die Grundlage meiner Forschungen waren die Histologie, die darauf bezügliche Chemie, die anorganischen Bestandtheile der Gewebe und die physiologischen Wirkungen oder Functionen dieser Bestandteile.[3]

Trotz allem sah Schüßler seine Therapie als eine homöopathische an, gleichsam die Verbindung zwischen der naturwissenschaftlichen Medizin und der Homöopathie. Bereits in früheren Aufsätzen hatte er die hohe Zahl verschiedener homöopathischer Mittel kritisiert.[2] Von daher war es auch nicht verwunderlich, dass einer der Kernsätze die Reduktion der angewendeten Mittel war. Waren zur damaligen Zeit in der homöopathischen Behandlung knapp 1.000 Medikamente bekannt, waren es bei Schüßlers „Biochemie“ lediglich zwölf Mittel, die er Salze nannte und bei denen er davon ausging, dass er damit fast alle Krankheiten therapieren könne.[3]

Wilhelm Schüßler sah einen „gestörten Mineralhaushalt“ als Ursache für die meisten Krankheiten an, wobei bereits das Fehlen eines bestimmten Minerals den gesamten Stoffwechsel beeinträchtigen sollte. Durch die Gabe dieses fehlenden Stoffes sollte die Krankheit therapiert werden. Damit die Medikamente ihre gesamte Kraft entfalten könnten, seien diese homöopatisch zu verdünnen. Er ging davon aus, …

… daß das in hochmolekularer Verteilung gereichte Funktionsmittel nur einen Reiz auf die erkrankten Zellen oder Zellenkomplexe ausüben soll. Letztere dadurch angeregt, nehmen nunmehr wieder das ihnen durch die Nahrungsmittel gebotene Salz auf und nehmen danach ihre normale Tätigkeit wieder auf […] Die Infinitesimalgaben der betr. Biochemischen Funktionsmittel entsprechen zwar nicht den Quantitäten nach dem Mangelquantum, sie regen aber den Organismus und insbesondere die erkrankten Zellen an, die in den Nahrungsmitteln gebotenen Salze wieder aufzunehmen, das Manko der Zellen wird so zunächst gedeckt und sie kehren zu ihrer normalen Tätigkeit zurück.[2]

Schüßler ging davon aus, dass durch die Einnahme seiner Salze in D6-Verdünnung genau 26 Moleküle des entsprechenden Wirkstoffes zugeführt werden und hierdurch der Mangel im Körper ausgeglichen würde. Weiterhin führte er aus, dass die Zufuhr in die Zelle nicht durch den Wirkstoff selbst erfolge, sondern über eine „feinstoffliche Schwingung“. Diese „Schwingung“ selbst erläuterte er aber nie näher.[2] Seine Lehre war sehr einfach gehalten. Schüßler selbst verfügte zudem, dass dies auch nach seinem Tode so zu bleiben habe. Irgendwelche Änderungen seiner Abgekürzten Theorie lehnte er kategorisch ab.[2]

Die vier Grundsätze seiner „Biochemie“ lauten:

  • Alle Krankheiten entstehen durch einen Mangel an bestimmten lebensnotwendigen Mineralstoffen
  • Durch Zuführung der Mineralstoffe tritt die Heilung ein
  • Die Zuführung der Mineralstoffe darf nur in allergeringsten Mengen erfolgen
  • Die Zuführung der Stoffe muss in solch einer Verdünnung erfolgen, dass der Übertritt des heilwirksamen „Salzes“ unmittelbar durch die Mundhöhle, den Schlund und die Speiseröhre direkt ins Blut erfolgt[4]

Wissenschaftliche Einordnung

Während Wilhelm Heinrich Schüßler seine „Artikel-Kriege“ in diversen homöopathischen Zeitschriften führte, nahm die naturwissenschaftliche Medizin seiner Zeit keinerlei Notiz von ihm und seiner Therapie. Dies blieb – mit Ausnahme der Vorgänge im Dritten Reich – auch so. Bis heute gibt es keine seriöse Studie zur „Biochemie nach Schüßler“.[5]

Ungereimtheiten

Die „Biochemie nach Schüßler“ weist zahlreiche Ungereimtheiten auf, zu denen sich Schüßler selbst auch nicht geäußert hat. Vielfach stellt er Behauptungen auf, belegt diese aber nicht. Schon alleine die Grundaussage, dass alle Krankheiten durch einen Mineralstoffmangel verursacht werden und durch die Gabe der Salze geheilt werden können, ist hanebüchen, verleugnet sie doch beispielsweise Viren oder Bakterien als Krankheitserreger. Dies mag für Schüßler selbst akzeptabel sein, steckte doch beispielsweise die Erforschung von Viren zu seinen Lebzeiten noch in den Kinderschuhen. Seine Nachfolger allerdings hätten hier die Diskrepanz erkennen müssen. Doch obschon bekannt ist, dass es sich beispielsweise bei den Masern oder der Grippe um Krankheiten handelt, die definitiv nicht durch Mineralstoffmängel, sondern durch Viren ausgelöst werden, wird immer wieder versucht, diese Krankheiten mit Schüßler-Salzen zu behandeln.

Auch begründet Schüßler nicht, wie es zu den Mineralstoffmängeln kommt. Sind doch die Mineralstoffe, die die Grundlage seiner Salze bilden, Bestandteile unserer täglichen Nahrung. Warum sollten Zellen zwar die Mineralstoffe aus den Schüßler-Salzen aufnehmen, nicht aber aus der Nahrung, wo diese in höherer bzw. reinerer Form vorkommen? Werden doch die Mineralstoffe in der D6- bzw. D12-Verdünnung angeboten, was bedeutet, dass hier sechs bzw. zwölfmal im Verhältnis 1:10 verdünnt wurde. Ab der Verdünnung in D6 übersteigt die Menge der Verunreinigungen im Lösungsmittel die Menge der noch vorhandenen Urtinktur. Anzunehmen, Zellen könnten quasi freiwillig lebenswichtige Substanzen verschmähen und durch „Zuruf“ dazu gebracht werden, diesen selbstzerstörerischen Willen aufzugeben, ist genauso absurd wie anzunehmen, Zellen könnten auf „Zuruf“ dazu gebracht werden, lebenswichtige Substanzen aufzunehmen, die aber gar nicht vorhanden, weil zu stark verdünnt sind. Hinzu kommt, dass Schüßler auch nie erklärt hat, wie die Mineralstoffe von der Zelle aufgenommen werden sollen. Er führte hier eine feinstoffliche Energie an, die er indes nie erläuterte.

Weiterhin behauptet Schüßler, der Mineralstoffmangel würde sich immer auf 26 Moleküle beziehen. Woher er diese Zahl hat, ist nicht bekannt. Genauso verhält es sich mit der Zuordnung von Krankheitsbildern zu den einzelnen Mitteln. Es ist nicht bekannt, ob Schüßler hierzu Untersuchungen durchgeführt hat oder diese Festlegungen intuitiv festlegte. Irgendwelche theoretischen Ansätze sind ebenfalls nicht bekannt.

Studienlage

Die österreichische Sektion der Cochrane Collaboration stellt auf ihrer Website medizin transparent treffend fest:

Das Konzept der Schüßler-Salze ist wissenschaftlich nicht plausibel. Die Wirksamkeit der alternativmedizinischen Methode wurde zudem noch nie in Studien untersucht.[5]

Auch die Stiftung Warentest fällt ein eindeutiges Urteil:

Schüßler und seine Anhänger legten sich hinsichtlich der Anwendungsbereiche kaum Beschränkungen auf. Noch in einer Darstellung der Methode von 1992 findet sich der Satz: „Der Gebrauch von Antibiotika ist bei gekonnter Therapie mit den von Schüßler erarbeiteten Lebenssalzen weitgehend zu vermeiden.“ Damit ist die Gefahr groß, dass eine notwendige und hilfreiche konventionelle Behandlung zu spät einsetzt oder gar versäumt wird [...] Der Nutzen dieser Therapie ist nicht belegt; ihr Risiko ist eher gering. Die Abwägung von Nutzen und Risiko fällt negativ aus. Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.[6]

Der emeritierte Professor für Alternativmedizin und Publizist Edzard Ernst fasst die wissenschaftliche Einordnung wie folgt zusammen:

Bei meinen Recherchen fand ich keine einzige Studie zur Wirkung der Schüßler-Salze bei irgendeiner Erkrankung. Wie kann das sein? Sicher verdienen die Hersteller genug an diesen Mitteln, um wenigstens ein oder zwei Untersuchungen durchzuführen. Mir fallen zwei Erklärungen ein: Es wurden Studien gemacht, doch die Ergebnisse fielen so aus, dass die Hersteller sie schleunigst verschwinden ließen. Oder man steht auf dem Standpunkt „Wozu Geld investieren, wenn sich die Mittel bestens verkaufen?“ Schüßler-Salze sind seit Jahren ein kommerzieller Renner – sie enthalten so gut wie nichts, kosten aber ordentlich. Manche meinen vielleicht, dieser Erfolg sei bereits eine Art Nachweis: Wenn nichts helfen würde, würden es die Leute nicht kaufen. Einer kritischen Analyse hält diese Logik jedoch nicht stand. Selbst wenn sich jemand nach der Einnahme von Schüßler-Salzen subjektiv besser fühlt, mag das an Placebo-Effekten liegen. Und natürlich kann man nie wissen, ob der Krankheitsverlauf ganz ohne Therapie nicht ebenso oder vielleicht sogar besser ausgefallen wäre. Fest steht nur Folgendes: Es gibt bis heute keinen Nachweis, dass Schüßler-Salze wirken. Persönlich würde ich mein Geld für etwas anderes ausgeben, nicht zuletzt, um meine Nerven zu schonen![7]

Die Funktions- und die Ergänzungsmittel

Die Erfindung der ursprünglichen zwölf „Schüßler-Salze“, genannt Funktionsmittel, erfolgte dadurch, dass Schüßler menschliche Zellen verbrannte und die Asche untersuchte. In dieser Asche vermeinte er, Mineralverbindungen zu sehen, die seiner Meinung nach die Zelle bildeten.

Funktionsmittel

Nummer Name und typische Potenz
1 Calcium fluoratum D12
2 Calcium phosphoricum D6
3 Ferrum phosphoricum D12
4 Kalium chloratum D6
5 Kalium phosphoricum D6
6 Kalium sulfuricum D6
7 Magnesium phosphoricum D6
8 Natrium chloratum D6
9 Natrium phosphoricum D6
10 Natrium sulfuricum D6
11 Silicea D12
12 Calcium sulfuricum D6

Ergänzungsmittel

Nummer Name und typische Potenz
13 Kalium arsenicuosum D6
14 Kalium bromatum D6
15 Kalium jodatum D6
16 Lithium chloratum D6
17 Manganum sulfuricum D6
18 Calcium sulfuratum D6
19 Cuprum arsenicosum D6
20 Kalium-Aluminium sulfuricum D6
21 Zincum chloratum D6
22 Calcium carbonicum D6
23 Natrium bicarbonicum D6
24 Arsenum jodatum D6
25 Aurum chloratum natronatum D6
26 Selenium D6
27 Kalium bichromicum D12

Das Funktionsmittel Nr. 12, Calcium sulfuricum D6, wurde von Schüßler 1895 allerdings gestrichen. Er empfahl stattdessen die Mittel Nr. 9, Natrium phosphoricum D6, und Nr. 11, Silicea D12, als Alternative. Schüßler schreibt dazu:

Der schwefelsaure Kalk ist zwar gegen manche Krankheiten (Eiterungsprozesse, Haut- und Schleimhaut-Affektionen) mit Erfolg angewendet worden; da er aber […] nicht in die konstante Zusammensetzung des Organismus eingeht, so muss er von der biochemischen Bildfläche verschwinden. Statt seiner kommt Natrium phosphoricum resp. Silicea in Betracht.[8][9]

Die 15 Ergänzungsmittel stammen nicht von Schüßler selbst, sondern wurden erst in späterer Zeit von verschiedenen Anhängern hinzugefügt. Allerdings werden auch die Ergänzungsmittel unter dem Label „Schüßler-Salze“ angeboten.[10] Diese „Salze“ werden als Tabletten, Globuli, Tropfen, Cremes und Salben angeboten.

Hergestellt werden die Schüßler-Salze ähnlich wie homöopathische Mittel. Die sogenannte „Ursubstanz“ wird in mehreren Schritten verdünnt. Werden homöopathische Mittel während dieses Verdünnungsvorgangs durch Schütteln „potenziert“, fällt dieser Schritt bei den Salzen jedoch weg, lehnte Schüßler doch das Prinzip der Dynamisierung bzw. Potenzierung ab. „D6“ und „D12“ entsprechen Verdünnungen von 1:1 000 000 (eins zu einer Million) bzw. 1:1 000 000 000 000 (eins zu einer Billion).

Gemäß dem vierten Grundsatz Schüßlers werden seine Tabletten bzw. Globuli nicht geschluckt; man muss sie langsam im Mund zergehen lassen oder in warmem Wasser auflösen. Lediglich das Schüßler-Salz Nr. 7 (Magnesium phosphoricum D6) wird in heißem Wasser aufgelöst und deshalb auch Heiße Sieben genannt. Bei der Dosierung gibt es keine einheitliche Vorgehensweise. Hier hat jede Strömung innerhalb der Schüßler-Apologeten ihre eigenen Vorstellungen. Teilweise werden bis zu 30 Tabletten pro Tag empfohlen. Auch für die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Gaben gibt es keine einheitlichen Empfehlungen.

Die vielfältigen Angaben, wie viele verschiedene Mittel man am Tag, oder gleichzeitig einnehmen darf, entstehen aus dem Antagonisten-Denken der Homöopathie oder den theoretischen Erkenntnissen der modernen Chemie, die aber hauptsächlich die mengenmäßigen Anteile der Mineralsalze im Blut betrachtet. Nach Schüßler können homogene Stoffe, die sich im ständigen Bestand des Körpers befinden und in verschiedensten Stoffwechselbereichen miteinander reagieren, ständig ein physiologisches Gleichgewicht aufbauen und in stark „verdünnter“ Form gegeben werden, keine Gegenspieler sein oder Wechselwirkungen erzeugen.[11]

Allein die schiere Menge an Tabletten, die eingenommen werden sollen, stellt manche Patienten vor Probleme, müssen doch je nach Behandlung bis zu 30 Globuli eingenommen werden. Aber auch hier haben die Schüßler-Anhänger recht „interessante“ Vorschläge zur Einnahme, die sich auch für Diabetiker und Menschen mit Lactoseintoleranz gelten:

Geben Sie alle Tabletten in ein Glas Wasser und lassen es ohne Umzurühren ca. 20 Minuten stehen. Dann dekantieren Sie das Wasser vorsichtig in ein neues Glas und werfen den Pulversatz aus Milchzucker und Hilfsstoffen weg. Die Erfahrung zeigt, dass sogar eine Wirkung eintritt, wenn man die Lösung nur lange genug im Mund behält und dann ausspuckt. Auf diese Weise können auch größere Tablettenmengen problemlos eingenommen werden.[11]

Konflikte mit der Homöopathie

Wilhelm Heinrich Schüßler sah seine Therapie zuerst durchaus als eine homöopathische an. Deshalb veröffentlichte er seine Theorie auch erstmals in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung. Ob allerdings Aussagen wie Wenn mein neues Heilsystem später zur Anerkennung gelangt, wird die homöopathische Pharmazie überflüssig aus einem Brief vom 8. Februar 1873 in dieser Hinsicht diplomatisch waren, bleibt zu bezweifeln.[2]

Nach der Veröffentlichung seines Artikels blieb es zu Anfang still. Schüßler und seine Theorie wurden schlicht ignoriert. So ging er dazu über, seine Theorie in der Bevölkerung direkt bekannt zu machen und begann eine Kooperation mit dem Apotheker Marggraf in Leipzig. Schüßler hatte seine Theorie in einem keine 80 Seiten umfassenden Bändchen zusammen­gefasst und auf eigene Kosten drucken lassen. Marggraf verschickte dieses kostenlos an seine Kunden.[2]

Erst vier Monate nach der Veröffentlichung gab es eine Reaktion auf Schüßlers Artikel. Ebenfalls in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung veröffentlichte Dr. Arnold Lorbacher einen Artikel mit dem Titel Bedenken gegen die abgekürzte homöopathische Therapie von Dr. Schüßler – Oldenburg.[12] Damit begann ein teilweise ausufernder „Artikel-Krieg“, den Schüßler mit seinen Gegnern führte, in dem durchaus mit harten Bandagen gekämpft wurde. Auch dehnte sich die Auseinandersetzung auf die Zeitschrift für klassische Homöopathie aus, die sich mit einer negativen Rezension an der Diskussion beteiligte, an der sich dann ebenfalls ein Hin und Her an Artikeln und Entgegnungen entzündete.

Diese Auseinandersetzung gipfelte darin, dass Wilhelm Heinrich Schüßler am 4. Dezember 1876 aus dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte austrat. Er begründete diesen Schritt dem Verein gegenüber explizit mit der Ablehnung seiner Therapie durch seine homöopathischen Kollegen:

Da die tonangebenden Herren meine Therapie nicht als eine homöopathische anerkennen wollen, so will ich aufhören, ein Mitglied zu sein (…) schrieb er an den Zentralverein. Wenn Schüßler selbst später hervorhebt, daß seine Lehre mit der Homöopathie nichts zu tun habe, so hat er recht, soweit die Grundsätze beider Heilmethoden in Frage kommen, im übrigen aber entspringen diese Äußerungen seiner Verärgerung, […] da seine homöopathischen Kollegen ihm sehr zu schaffen machten, seine Therapie nicht als eine homöopathische anerkannten und nicht, wie er gehofft hatte, sich ihm anschlossen.[2]

Unterschiede zur Homöopathie

Nach seinem Austritt aus dem Zentralverein begann Schüßler seine Therapie als eigenständig zu sehen und auch konkrete Unterschiede zur Homöopathie auszuformulieren. Die Hauptunterschiede zur Homöopathie waren:

Hier ist anzumerken, dass Schüßler bereits zu seiner Zeit als reiner Homöopath seine Probleme mit dem Simile-Prinzip hatte und durch einige Artikel, die er dazu in homöopathischen Fachzeitschriften veröffentlichte, zum Außenseiter wurde.[2] Der wohl gravierendste Unterschied zur Homöopathie ist allerdings die Einfachheit der Therapie, stehen hier doch lediglich 12 Funktionsmitteln und 15 Ergänzungsmittel den zahllosen homöopathischen Medikamenten gegenüber. Auch hat Schüßler genaue Anwendungsvorschriften hinterlassen. In seiner Abgekürzten Therapie führt er genau auf, wie die einzelnen Funktionsmittel wirken und gegen welche Krankheiten sie eingesetzt werden sollen. Und im Anhang des Büchleins findet sich dann eine Auflistung von Krankheiten mit Vorgaben zu den entsprechenden Salzen.

Antlitzanalyse

Wilhelm Heinrich Schüßler ging davon aus, dass sich der angenommene Mineralstoffmangel im Gesicht des Patienten manifestiert und durch die Analyse von Gesichtsfarbe bzw. Glanz- und Faltenbildung diagnostiziert werden könne. Dies erstreckt sich vorgeblich auch auf den Bereich der Psychologie. Diese Mangelzeichen wurden von Schüßler auch „Signaturen“ genannt.[13][14]

Ursprünglich hatte Schüßler die Antlitzdiagnostik sehr eng an seine „Biochemie“ gebunden. Erst Kurt Hickethier, ein medizinisch interessierter Ex-Polizist und Betreiber zweier „Kurhäuser“, baute diese Diagnoseform weiter aus. Er entwickelte auch eine Systematik, welche „Mängel“ welche Zeichen im Gesicht hinterlassen. Dies sollte auch Laien erlauben, die Antlitzanalyse anzuwenden.[13][14] Heute sind auch reich bebilderte Anleitungen im Handel erhältlich, was eigentlich mit den Vorgaben Schüßlers nicht vereinbar ist.[15] Die Antlitzdiagnostik wird heute nicht nur in Verbindung mit den Schüßler-Salzen betrieben, sondern ist eine unter Heilpraktikern weit verbreitete Methode; hier werden teilweise auch andere Körperzeichen berücksichtigt.

Die Antlitz-Diagnostik kann laut Schüßler nur intuitiv bzw. autodidaktisch erlernt werden. In seiner Abgekürzten Therapie schreibt er dazu:

Wer die Antlitz-Diagnostik erlernen will, muß dieselbe auf autodidaktischem Wege sich erwerbern. Ein Versuch, sie mittels einer gedruckten Anleitung zu lehren, würde zu Mißverständnissen führen. Ein Schäfer kennt jedes Individuum seiner Herde, er ist aber nicht im Stande, die bezüglichen unterscheidenden Merkmale anzugeben. Wer die Antlitz-Diagnostik sich zu eigen machen will, schenke seine bezügliche Aufmerksamkeit zunächst einer Antlitz-Gattung.[9]

Da die Antlitzanalyse explizit auch für Laien ausgelegt ist, sind die erlernbaren Elemente recht einfach gehalten. So werden beispielsweise Hautfalten analysiert, der Glanz der Haut, verklebte Augen, die Häufigkeit des Blinzelns oder die Art des Blicks. Dadurch, dass diese Zeichen recht allgemein sind, lassen sie natürlich auch einen breiten Spielraum zu. Schüßler stellte einige Symptombilder zusammen, die er beispielsweise „Kochsalz-Gesicht“ oder „Natron-Gesicht“ nannte. Seiner Meinung nach sollte Gesicht für Gesicht auswendig gelernt werden.[15][9]

Die wissenschaftliche Medizin kritisiert die Antlitzanalyse, ist sie doch eine allgemeine und schwammige Diagnoseform, die auf Überlegungen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert beruht. Auch übernehmen die Krankenkassen keine Kosten hierfür, sodass die Rechnungen privat bezahlt werden müssen. Verschärft wird diese Kritik dadurch, dass die Anwender der Antlitzdiagnostik sich der Überprüfung ihrer Diagnosen durch moderne Verfahren widersetzen.[16]

So mancher Kritiker der Schüßler’schen Behandlungsmethoden hat sie als Hokuspokus bezeichnet. Das ist wahrscheinlich etwas zu hart gegriffen. Aus der Art der Faltenbildung, der Hautfärbung und anderen Gesichtsmerkmalen lassen sich tatsächlich diverse diagnostische Hinweise auf Erkrankungen und Stoffwechselimbalancen ableiten. Aber ich wage gleichzeitig daran zu erinnern, dass wir im dritten Jahrtausend leben und zahlreiche hochauflösende, hochsensitive und hochspezifische analytische Werkzeuge und Techniken kennen, die den Elektrolythaushalt eines Patienten und seine Ionenverteilung im Körper genauestens analysieren können. Sowohl Mangel als auch gefährliche Anreicherungen von anorganischen Komponenten im Körper können so festgestellt und mit anderen diagnostischen Laborparametern korreliert werden. (…) Es wäre ein kleiner Beitrag zur Wissenschaftlichkeit, wenn sich die Antlitzanalytiker dazu herablassen könnten, wenigstens mit einer gewissen Regelmäßigkeit die eine oder andere dieser modernen Techniken als Bestätigungstest zuzulassen. Das wäre auch höchste Zeit, denn in der einschlägigen Literatur zu den Schüßler Salzen werden zum Teil Wirkungen beschrieben, über die man sich als Biochemiker und Pathobiochemiker nur wundern kann.[16]

Weiterhin ist bedenklich, dass sich der Therapeut bei dieser Methode eben nur auf die vorgegebenen Gesichtszeichen konzentriert und andere Krankheitszeichen übersieht oder ignoriert:

Die Antlitzdiagnostik läßt sich nicht mit üblichen Diagnosen vergleichen. Sie geht andere Wege, denn hier steht das Erkennen der Mineralstoffmängel in Blut und Zellen im Vordergrund. – Das Rezept wird aus dem Gesicht abgelesen, ohne daß man sich um Krankheiten oder Symptome kümmern muß.[17]

Auch die Tatsache, dass nicht bekannt ist, auf welcher Basis oder Erkentnis heraus Schüßler die einzelnen Mangelzeichen den einzelnen Salzen zuordnete, macht diese Diagnostik hoch spekulativ und beliebig. Bisher wurde die Antlitzdiagnostik noch nie im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie untersucht.

Laienanwendung

Durch die übersichtliche Anzahl der Medikamente, durch die Einfachheit der Vorgaben, die Schüßler machte, und die Antlitzanalyse zielte diese Therapieform (anders als die Homöopathie) auch auf eine Anwendung durch Laien ab. Schüßler selbst forcierte dies bereits seit der Verteilung seiner Broschüre über die Marggraf'sche Apotheke, die diese nicht nur an Ärzte abgab, sondern an jeden, der diese wünschte.

So bildeten sich schnell Laienvereine, die Schüßlers „Biochemie“ anwendeten, teilweise eigene Zeitschriften herausgaben und auch weiterhin Werbung für ihn machten. Diese Vereine schlossen sich wiederum in Dachverbänden zusammen, von denen es insgesamt drei gab. Dies waren der Verband biochemischer Vereine für das Deutsche Reich, der Jade-Verband und der Schüssler-Bund. Diese drei Verbände wurden 1922 durch die Reichsarbeitsgemeinschaft der Volksverbände zwangsfusioniert und im Biochemischen Bund Deutschlands zusammengeschlossen, der bis heute besteht.

Die Biochemie im Dritten Reich

Im „Dritten Reich“ sollte auch das Gesundheitswesen im Sinne des Nationalsozialismus umgestaltet werden. Die „jüdisch versippte Schulmedizin“ sollte „entmachtet“ werden.[1][18] Hierfür sollte eine „Neue Deutsche Heilkunde“ geschaffen werden, in der die evidenzbasierte Medizin mit alternativmedizinischen Verfahren zusammengeführt werden sollte. Hierdurch erfuhr auch die Schüßlersche „Biochemie“ eine Aufwertung. Auf Wirksamkeitsnachweise wurde hierbei kein Wert gelegt, wie der „Reichsärzteführer“ Gerhard Wagner deutlich machte:

Wenn wir heute eine neue Heilkunde aufbauen wollen, so kann das Fundament dieser Heilkunde niemals die exakte Naturwissenschaft sein, sondern das Fundament kann nur sein unsere nationalsozialistische Weltanschauung.[18]

Auf Befehl des SS-Reichsführers Heinrich Himmler wurden 1942 trotzdem durch den „Reichsarzt SS“ Ernst-Robert Grawitz Versuche in den Konzentrationslagern Auschwitz und Dachau durchgeführt, um die Wirksamkeit der Schüßler-Salze zu testen. Hintergrund war der Versuch, die bewährten, aber teuren Sulfonamide durch eine kostengünstigere Therapie zu ersetzen und diese in der Kriegschirurgie einzusetzen. Diese Versuche wurden unter anderem an katholischen Priestern durchgeführt. Ihnen wurde Eiter von erkrankten Häftlingen eingespritzt, um eine Sepsis hervorzurufen. Sie wurden dann mit Mitteln nach der Schüßlerschen „Biochemie“ behandelt. Zehn Versuchspersonen starben jämmerlich.[19][20] Obschon Grawitz am 23. August 1942 Himmler den Misserfolg meldete und auch noch über andere Sepsis-Fälle in Auschwitz berichtete, die mit Kalium phosphoricum D4 behandelt wurden und ebenfalls letal endeten, hielt Himmler an der „Biochemie“ fest und befahl weitere Versuche.[21]

Diese sollten aber fortan unter kompetenterer Leitung erfolgen. Ein „biochemischer Experte“, Dr. Rudolf Kießwetter (1901–1992),[22] kam darauf nach Dachau.

Häftlinge beschrieben ihn [Kießwetter, Anm. d. Homöopedia] spöttisch als „kleines nervöses Männchen“. Er injizierte vorrangig inhaftierten polnischen Priestern Eiter in den Oberschenkel und behandelte sie anschließend mit Kalium phosphoricum D6, Ferrum phosphoricum D6 und D12, Silicea D6, Natrium phosphoricum D6, Magnesium phosphoricum D6 und Calcium phosphoricum D6. Der österreichische Häftling Rudolf Kalmar erinnerte sich, die unter großen Schmerzen leidenden Probanden seien „Träger schwer eiternder Wunden“ gewesen, die man „mit allen möglichen buntfarbigen Pillen aus irgendeinem homöopathischem Laboratorium“ abgefüllt habe. Auch das Auftreten der Ärzte blieb ihm in Erinnerung: „Sie stapften gelegentlich gestiefelt und gespornt durch die Krankensäle, um dort herumzubrüllen, weil zu spät 'Achtung!' gerufen worden war oder weil sich einer der Patienten nicht vorschriftsmäßig im Bett aufgerichtet hatte. Wenn sie gerade besoffen waren, unterblieb die Visite überhaupt.“ 56 Versuchspersonen starben während der Studien, 30 weitere erlagen später den Folgen der biochemischen Experimente. Mehrere Personen konnten durch das beherzte Eingreifen eines Krankenpflegers gerettet werden, der Sulfonamide an anderer Stelle entwendet und den Priestern injiziert hatte.[22]

Obschon der oberste SS-Arzt Grawitz wiederum an Himmler rapportierte, dass die Schüßler-Salze keinerlei Wirkung zeigten, sollte in einer dritten Versuchsreihe ein direkter Vergleich zu Sulfonamiden untersucht werden, die man bereits im KZ Ravensbrück unter unmenschlichen Bedingungen erprobt hatte. Insgesamt starben bei diesen Erprobungen „biochemischer“ Präparate mittel- und unmittelbar 90 KZ-Insassen.[21]

Scheinwissenschaftliche Rechtfertigung

Im alternativmedizinischen Spektrum existiert lediglich eine von der Autorin, der deutschen Heilpraktikerin Elisabeth Metz-Melchior, so genannte „Studie“ aus dem Jahr 2009, in der behauptet wird, empirische Belege für die Wirksamkeit der Schüßler-Tabletten gefunden zu haben. Dies wird auf einigen Webseiten des alternativmedizinischen Spektrums kolportiert, und auch auf dem Titelbild ihres Buches Basisbuch Schüßler-Salze wirbt sie in verschiedenen Auflagen seit 2009 mit dem Begriff der „empirischen Studie“.[23]

Bereits die Berichte über die Arbeit zeigen jedoch, dass die bei dieser Studie angewandte Methodik keinerlei wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, stellt man doch gerade deren Notwendigkeit gezielt in Frage:

Doch muss es immer die streng wissenschaftliche Untersuchung sein? Reicht es nicht aus, wenn nach der Einnahme eines Präparates die Mehrzahl der Probanden über eine Besserung ihrer Beschwerden berichten?[24]

Wichtigster Kritikpunkt am Vorgehen der Heilpraktikerin ist das Fehlen einer Kontrollgruppe, stattdessen verlässt sie sich auf das subjektive Empfinden der Patienten. Hierin liegt aber die größte Quelle für Fehlschlüsse, fehlt doch ein sauberer statistischer Vergleich aller Erfahrungen der beteiligten Patienten. Weiterhin werden in dieser Heilpraktiker-Studie keinerlei Informationen bezüglich der teilnehmenden Patienten genannt. Es wird lediglich angegeben, dass sich 53 Patienten beteiligten, von denen 42 die Studie beendeten. Diese Patienten nahmen über den Zeitraum von 3 Monaten Schüßler-Salze ein. Weshalb diese Menschen allerdings die Schüßler-Salze einnahmen, geht nicht hervor. Es wird nur angegeben, dass 458 Einzelsymbole erfasst und ausgewertet[24] worden seien. Zu diesen 458 Einzelsymptomen wird nun nach der dreimonatigen Einnahme von Schüßler-Salzen folgendes Ergebnis veröffentlicht:

  • Bei 42 Symptomen hatten sich die Beschwerden nicht gebessert (9,17 %).
  • Bei 98 Symptomen hatten sich die Beschwerden gebessert (21,4 %).
  • Bei 124 Symptomen hatten sich die Beschwerden sehr deutlich gebessert (27,07 %).
  • Bei 109 Symptomen waren die Beschwerden weg (23,8 %).

Zusammenfassend kann daher gesagt werden: Bei ca. 90 % aller Symptome im Rahmen der hier durchgeführten Studie konnte eine Besserung oder sogar ein völliges Verschwinden durch die Gabe von Schüssler Salzen über einen Zeitraum von drei Monaten erreicht werden.”[24]

Allerdings ergeben die in Zusammenhang mit einer Besserung angegebenen Prozentsätze lediglich 72,27 und nicht 90 %. 9,17 % besserten sich explizit nicht. Über die in der Addition fehlenden 18,56 % erfolgen keinerlei Angaben. Frau Metz-Melchior gibt weiterhin an, Haaranalysen an den Probanden durchgeführt zu haben:

Von allen Teilnehmern wurde zu Beginn und nach Abschluß der Studie eine Haarmineralanalyse gemacht. Dabei wurden die Werte von Mineralstoffen, Spurenelementen und Belastungen durch Schwermetalle und Umweltgifte gemessen. Wir konnten so erstmals dokumentieren, dass durch die Einnahme der Schüßler-Salze Belastungen von Blei, Quecksilber und anderen Giften ausgeleitet werden können. Ebenfalls erstmals dokumentiert wurde, daß durch die Einnahme einiger Mineralstoffe, das Gleichgewicht bei allen Mineralien und Spurenelementen verbessert wurde. Dies zeigt, daß die Schüßler-Salze auch einen regulierenden Effekt auf das ganze System haben.[25]

Auch hier wird nicht angegeben, welche Tests durchgeführt bzw. welche Parameter getestet wurden. Haaranalysen werden von Fachleuten jedoch als höchst unzuverlässiges Verfahren für die Untersuchung etwaiger Mineralstoffmängel oder Schadstoffbelastungen eingestuft.[26]

Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese stümperhaft durchgeführte Untersuchung keinerlei empirische Aussagekraft enthält und somit keinen praktischen Wert hat, weder für das Fachpublikum noch für die Patienten. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass diese Untersuchung nie in einer seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift, die dem Peer-Review unterliegt, veröffentlicht wurde.

Wie erläutert, ist es biologisch grundsätzlich unplausibel, dass Stoffe in Verdünnungen von 1:1 000 000 und darunter eine spezifische physiologische Wirkung entfalten sollten, wenn man diese Stoffe sowieso mit der Nahrung in vergleichsweise gigantischen Mengen zu sich nimmt. Somit ist die nicht gegebene Möglichkeit einer Wirkung eine entscheidende Frage, die darüber entscheidet, ob klinische Studien überhaupt notwendig sind oder ob sie nur ein Phantom untersuchen würden. Wo aber selbst hochwertige Studien als statistische Messwerkzeuge wenig Sinnvolles zur Argumentation beitragen können, können es schlecht gemachte Beiträge erst recht nicht.



Quellen- und Literaturangaben
  1. 1,0 1,1 Schott, Heinz (Hrsg.): Chronik der Medizin. Augsburg, 1997. ISBN: 9783860471357
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 Platz, Hugo: „Dr. Schüssler und seine biochemische Heilmethode: Ein Gedenkbuch zu seinem 100. Geburtstag“, Dr. Willmar Schwabe Verlag Leipzig (1921)
  3. 3,0 3,1 Schüßler, Wilhlem H.: „Eine abgekürzte Therapie gegründet auf Histologie und Cellular-Pathologie“, Oldenburg, 1875 (Link zur Onlineversion der zweiten Auflage, aufgerufen am 20. Januar 2018)
  4. Wolffskeel von Reichenberg, Angelika: „Die 12 Salze des Lebens“, Mankau Verlag, ISBN: 978-3863742676
  5. 5,0 5,1 Artikel „Schüßler-Salze: Studien fehlen“ auf medizin transparent (Link, aufgerufen am 21. Januar 2018)
  6. Federspiel, Christa; Herbst, Vera: „Die Andere Medizin: ‚Alternative‘ Heilmethoden für Sie bewertet“, Stiftung Warentest, ISBN: 978-3937880082
  7. „Schüßler-Salze – teuer, aber wertlos?“, Artikel im Stern (Link zur Onlineversion, aufgerufen am 19. Januar 2018)
  8. Feichtinger, Thomas; Mandl, Elisabeth;‎ Niedan-Feichtinger, Susana: „Handbuch der Biochemie nach Dr. Schüßler“, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2006, ISBN: 978-3-8304-7223-0
  9. 9,0 9,1 9,2 Schüßler, Wilhelm H.: „Eine Abgekürzte Therapie: Anleitung zur biochemischen Behandlung der Krankheiten“, Oldenburg, 1898.
  10. Bolbecher, Gisela; Zurr, Daniela: „Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze“, Sonntag Verlag, ISBN: 978-3830494058
  11. 11,0 11,1 Asam, Margarete: „Grundlagen der Biochemie nach Dr. Schüßler“, in: Apothekenmagazin Jg. 2012, H. 10. S. 8-13 (PDF, aufgerufen am 21. Januar 2018)
  12. Lorbacher Arnold: „Bedenken gegen die ‚Abgekürzte homöopathische Therapie von Dr. Schüßler in Oldenburg‘“, in: Allgemeine Homöopathische Zeitung 1873; 87: 50-52
  13. 13,0 13,1 Heepen, Günther H.: „Quickfinder Schüßler-Salze“, Gräfe und Unzer Verlag, 2007, ISBN: 978-3833804953
  14. 14,0 14,1 Heepen, Günther H.: „Schüßler-Salze“, Gräfe und Unzer Verlag, 2001, ISBN: 978-3774236509
  15. 15,0 15,1 Helmstädter, Axel: „Wilhelm Heinrich Schüßler – Ein Therapeut als Kind seiner Zeit“, in: Pharmazeutische Zeitung, 51/2007 (Link zur Onlineversion, aufgerufen am 20. April 2017)
  16. 16,0 16,1 Pittner, Fritz: „Schüßler Salze pro & contra – Eine unendliche Geschichte?“, in: Österreichische Apothekerzeitung, 64. Jg. I 25. Oktober 2010 I ÖAZ 22 (Link zur Onlineversion, aufgerufen am 20. April 2017)
  17. Friedrich Depke: „Was ist Antlitzdiagnostik?“, Webseite der Heilpraktiker-Praxis von Friedrich Depke (Link, aufgerufen am 20. November 2017)
  18. 18,0 18,1 Eckart, Wolfgang U.: „Illustrierte Geschichte der Medizin: Von der französischen Revolution bis zur Gegenwart“, Springer, Berlin, 2011, ISBN: 978-3642126093
  19. Jütte, Robert: „Geschichte der alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute“, Beck Verlag, München, 1996, ISBN: 978-3406404955
  20. Klee, Ernst: „Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer“, Fischer Verlag, Frankfurt, 1997, ISBN: 978-3100393067
  21. 21,0 21,1 Jütte, Robert: „Homöopathie und Nationalsozialismus: Letztendlich keine Aufwertung der Homöopathie“, in: Dtsch Arztebl 2014; 111(8): A-304 / B-263 / C-251 (Link, aufgerufen am 20. Januar 2018)
  22. 22,0 22,1 Mildenberger, Florian G.: „Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte im Nationalsozialismus: Bestandsaufnahme, Kritik, Interpretation“, Wallstein, 2016, ISBN: 978-3835318793
  23. Metz-Melchior, Elisabeth: „Basisbuch Schüßler-Salze“, Lüchow Verlag in Kamphausen Media GmbH, 2009, ISBN: 978-3899011920
  24. 24,0 24,1 24,2 Artikel „Wirkung der Schüssler-Salze in empirischer Studie nachgewiesen“ auf der von von Dennis Lenz betriebenen Webseite „Forschung und Wissen“ (Link, aufgerufen am 21. Januar 2018)
  25. Webseite der Heilpraktikerin Elisabeth Metz-Melchior (Link, aufgerufen am 21. Januar 2018)
  26. Stiftung Warentest: „Haaranalyse: An den Haaren herbeigezogen“ (Link, aufgerufen am 02. April 2018)


Anmerkungen und Originalzitate
  1. Rudolf Virchow (1821–1902) war ein deutscher Pathologe, der sich auch auf den Gebieten der Anthropologie, Ethnologie und Archäologie auszeichnete. Außerdem war er politisch engagiert. Mit seinem 1858 erschienenen Buch Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre begründete er die moderne Pathologie. Bereits 1855 hatte er die Grundthese Omnis cellula e cellula (Jede Zelle geht aus einer Zelle hervor) seiner Zelltheorie formuliert.
  2. Der niederländische Arzt und Physiologe Jakob M. Moleschott (1822–1893) war der Autor des 1852 erschienenen Buches Der Kreislauf des Lebens, mit dem er einen naturwissenschaftlichen Materialismus auf rein stofflicher Basis begründete.