Aus Homöopedia
Homöopedia
Informationen zur Homöopathie

Homöopathie bei Epidemien

Foto: Homöopedia, gemeinfrei.

Im Rahmen der Diskussion um den zweckmäßigsten Umgang mit den Infektionen durch SARS-CoV-2 wurde seitens der Vertreter der Homöopathie vorgetragen, dass sich die Homöopathie bei früheren Seuchenzügen bewährt habe und praktisch durchweg positive Ergebnisse erzielt worden seien. In der Tat gibt es vergleichsweise umfangreiche Daten zum Vergleich der Homöopathie mit der zeitgenössischen konventionellen Medizin. In diesem Artikel wird soweit wie möglich anhand der Originalquellen die Aussagekraft und Relevanz in Bezug auf die heutige Medizin untersucht. Insbesondere interessiert die Frage, ob sich aus den erzielten Resultaten ein Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie oder gar einer Überlegenheit gegenüber der heutigen Evidenzbasierten Medizin ableiten lässt.

Methode

In diesem Artikel geht es um die Argumentation, wie sie heute von einzelnen Homöopathen und Homöopathieverbänden angeführt wird. Ausgangspunkte dieser Darstellung sind folglich Äußerungen von Vertretern und Anhängern der Homöopathie, in denen auf einen historischen, angeblich erfolgreichen Einsatz der Homöopathie bei einer Epidemie hingewiesen wird. Voraussetzung für diese Betrachtung ist, dass die Aussagen hinreichend konkret sind, um das Ereignis identifizieren zu können, indem etwa konkrete Epidemien nach Ort und Zeitpunkt genannt werden oder auch konkrete Zahlenwerte dargestellt sind. Allgemeine Hinweise darauf, „dass die homöopathische Behandlung von epidemischen Erkrankungen wie etwa Diphtherie oder Tuberkulose erfolgreicher war als in den konventionellen Krankenhäusern“,[1] können mangels eines Ansatzpunktes für eine Suchstrategie nicht verfolgt werden.

In diesem Artikel werden die bis Juni 2020 bekannt gewordenen Angaben zum Einsatz der Homöopathie bei Epidemien behandelt.

Eine Suche in Google mit den Schlagwörtern „homeopathy epidemic“, „Homöopathie Seuchen“ und in früheren Artikeln des Informationsnetzwerks Homöopathie (INH) ergab folgende Quellen:

  • [N-1] Studienübersicht zur homöopathischen Behandlung von Epidemien, Webseite des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ)[2]
  • [N-2] Harald Walach: „Homöopathie und epidemische Erkrankungen (1) und (2)“[1]
  • [N-3] André Saine: Webinar-Vortrag[3][4]
  • [N-4] André Saine: „Homeopathy debates“[5]
  • [N-5] Anton Rohrer: Vortrag beim DZVhÄ 2008[6]
  • [N-6] Julian Winston: „Treatment of Epidemics with Homeopathy“[7][8]
  • [N-7] Harry Van der Zee: „The future of homeopathy, homeopathy for Epidemics“[9]

Es gibt durchaus weitere Quellen. Diese berichten aber immer wieder über die gleichen historischen Begebenheiten, ohne dass zusätzliche Information gewonnen werden konnte.

Kriterien für die Bewertung als Wirksamkeitsnachweis

Um die Wirksamkeit einer Therapie zu belegen, hat sich im Rahmen der Evidenzbasierten Medizin die kontrollierte Vergleichsstudie (RCT, Randomised Controlled Trial) als Goldstandard herausgebildet. Damit die Ergebnisse einer solchen Studie als valide gelten können, muss eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllt sein, um den Einfluss von Störgrößen soweit wie möglich auszuschließen.[10] Diese zielen darauf ab, dass die Ausgangssituation in den Gruppen gleich ist und dass die sonstigen Rahmenbedingungen bis auf die zu testende Therapie in beiden Gruppen gleich sind. Wenn es sich bei der einen Gruppe um Soldaten und bei der anderen um Zivilisten handelt, ist das beispielsweise nicht der Fall. Es muss sichergestellt werden, dass eine mögliche Voreingenommenheit von Testpersonen und Studienpersonal nicht auf das Ergebnis durchschlägt.

Diese Anforderungen können naturgemäß bei historischen Daten nicht nachträglich erfüllt werden. Anderseits kann, wie im Folgenden gezeigt wird, eine retrospektive Auswertung ohnehin keinen „Beweis“ für die Wirksamkeit der Homöopathie erbringen. Allenfalls könnte eine Vermutung begründet werden, die in einer validen Forschungsarbeit überprüft werden müsste, die wissenschaftlichen Standards entspricht.

Aus den Beurteilungskriterien für klinische Studien, wie sie etwa dem Cochrane Handbook for Systematic Reviews[10] entnommen werden können, kann man ableiten, welche Anforderungen an einen Erfahrungsbericht über die Anwendung der Homöopathie mindestens erfüllt sein müssten, um auf eine Wirksamkeit der Homöopathie in diesem Einsatzfall schließen zu können:

  • In dem Bericht über die Epidemie müssten mindestens zwei Gruppen beschrieben werden, deren eine homöopathisch behandelt wurde, um überhaupt einen Vergleich zwischen Homöopathie und konventioneller Praxis ziehen zu können.
  • Diese beiden Gruppen müssten hinsichtlich der Ausgangssituation und auch der sonstigen Randbedingungen vergleichbar sein, um einen Effekt auch zweifelsfrei als Folge der unterschiedlichen Therapien erkennen zu können.
  • Die Auswahlkriterien für die Patienten müssten bekannt sein, um die Wirksamkeit einem klinischen Bild zuschreiben zu können.
  • Es müsste klar sein, womit verglichen wird. Hierzu müssten sowohl die durch den jeweiligen Therapeuten vorgenommenen Eingriffe nebst der dort gegebenen Begleitumstände angegeben sein sowie die gleichen Informationen für die Vergleichsgruppe vorliegen. Es ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass ein homöopathischer Arzt ausschließlich homöopathisch therapiert hat: Unterschiedliche Pflege- und Versorgungskonzepte können das Behandlungsergebnis deutlich beeinflussen.
  • Es müssten die Ergebnisse aller erfassten Patienten berichtet werden, um ein für die Anwendung repräsentatives Bild zu erhalten und nicht nur ausgewählte Fälle oder Untergruppen (Stichwort: Cherrypicking).
  • Die Ergebnisse müssten zu sinnvollen statistischen Kennzahlen verdichtet sein, die einen Rückschluss auf den Behandlungserfolg zulassen, etwa Anteil der verstorbenen Patienten an der Zahl der Patienten. Eine Absolutzahl („500 Patienten geheilt“) kann für sich alleine nicht beurteilt werden.
  • Sofern aus den Berichten eine Aussage abgeleitet werden soll, die für die heutige Situation relevant ist, müsste dargestellt werden, inwieweit die historischen Rahmenbedingungen mit den heutigen vergleichbar sind. Dies betrifft insbesondere das seit den historischen Zeiten beträchtlich vermehrte medizinische Wissen über Infektionskrankheiten.

Selbst wenn die damaligen homöopathischen Ärzte bessere Resultate erzielt haben als ihre konventionell arbeitenden Kollegen, ist es ohne diese Angaben nicht möglich, die Erfolge der Anwendung der Homöopathie zuzuordnen. Die Behandlung durch einen Homöopathen war damals so wenig wie heute zwangsläufig eine ausschließlich homöopathische Therapie, und ohne vergleichbare Gruppen können unterschiedliche Verläufe auch durch die persönlichen Lebensumstände oder den Lebensstil, z. B. die Ernährung, geprägt sein. Eine Übertragung auf die heutige Situation ist dann praktisch unmöglich.

Die zeitgenössische Medizin als Vergleichsbasis

Ein Merkmal aller historischen Daten ist, dass die jeweiligen zeitgenössischen konventionellen Therapien die Vergleichsbasis bilden. Ein Vergleich mit Placebo ist, wie sich zeigt, durchweg nicht gegeben. Damit kann keine absolute Aussage zur Wirksamkeit abgeleitet werden, sondern nur, ob die Wirkung besser oder schlechter war als unter der damals üblichen konventionellen Therapie.

Die Mehrheit der diesem Artikel zugrundeliegenden Daten betrifft Epidemien im 19. Jahrhundert, schwerpunktmäßig aus der Zeit vor etwa 1870. Die Spanische Grippe 1918/19 markiert das Ende des Betrachtungszeitraumes. Damals waren aber Ätiologie[B 1] und Pathogenese[B 2] der meisten Infektionskrankheiten weitgehend unbekannt (siehe die Kapitel zu den einzelnen Infektionskrankheiten unten). Eine auf die Bekämpfung der Ursachen gerichtete Therapie war also zur damaligen Zeit gar nicht möglich: Erfolge der zeitgenössischen Medizin wären daher dem Zufall zu verdanken. Die historischen Beschreibungen der medizinischen Maßnahmen liefern eher den Eindruck eines auf Versuch und Irrtum basierenden Vorgehens, das durchaus noch die aus Mittelalter und Altertum übernommenen Krankheitslehren zum Ausgangspunkt haben konnte, indem etwa die schon seit der Antike bekannten Therapien wie Aderlass oder Brech- und Abführmittel angewendet wurden.

Beispielhaft sei hier eine Beschreibung der zeitgenössischen Therapie der Diphtherie betrachtet:[11]

Dr. Bretonneau. Reichlicher allgemeiner und lokaler Aderlass, Brechmittel, Zugpflaster ('blisters') und Senf-Fußbäder wurden ohne Erfolg verschrieben. Von 21 Betroffenen entronnen nur drei dem Tod. Die Behandlung mit Quecksilber, die er dann verfolgte, brachte kein besseres Ergebnis. Große Mengen von Calomel waren in einzelnen Fällen erfolgreich..."[11][B 3]

In der weiteren Aufzählung der Therapieversuche werden folgende Mittel erwähnt: Rizinusöl (Abführmittel), Alaun (Kalium-Aluminium-Sulfat), Silbernitrat, Quecksilbernitrat, Kupfersulfat, Salzsäure, Kaliumchlorid, Kalziumchlorid, Terpentinöl, Ammoniumcarbonat, Borax (Natriumborat) und noch einige mehr.

Dass die meisten dieser Therapieversuche nicht zum Vorteil des Patienten ausgingen, versteht sich mit heutigem medizinischem Wissen von selbst. Entsprechend schlecht war die Erfolgsbilanz und entsprechend beschränkt ist auch die Übertragbarkeit der damaligen Resultate auf die heutige Situation. Heute sind für praktisch alle im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts seuchenartig aufgetretenen Infektionskrankheiten effektive Behandlungsmöglichkeiten oder wirksame Impfungen bekannt, so dass die heutige Erfolgsbilanz um Größenordnungen besser ausfällt als in den historischen Vergleichen. Entsprechend problematisch ist daher die Übertragung des aufgrund der fehlenden Toxizität der Mittel beruhenden Vorteils der Homöopathie gegenüber den oftmals in der zeitgenössischen Medizin verordneten toxischen Mittel auf die heutige Situation.

Im Folgenden soll eine Übersicht über die historischen Vergleichsdaten gegeben werden.

Cholera

Die Cholera ist eine sehr schwere Infektionskrankheit, die seuchenartig auftritt. Die Infektion erfolgt durch die Aufnahme von Wasser, das mit den Cholera-Bakterien Vibrio cholerae kontaminiert ist, oder auch durch andere Nahrungsmittel, die mit solchem Wasser in Berührung gekommen sind. Das Bakterium wiederum stammt aus den Ausscheidungen von infizierten Menschen, die selbst gar nichts von ihrer Infektion wissen müssen.[12]

Der Erreger wurde 1883 von Robert Koch entdeckt. Bei nur etwa 15 % der Infizierten bricht die Krankheit voll aus und verläuft dann aber äußerst heftig. Durch sehr starkes Erbrechen und schweren Durchfall kommt es zu einem erheblichen Flüssigkeitsverlust. Es werden bis zu 25 Liter am Tag genannt.[13] Damit geht ein erheblicher Verlust an Elektrolyten, also körpereigenen Salzen, einher, was geistige Verwirrtheit und schmerzhafte Krämpfe zur Folge haben kann.

Unbehandelt führt dies bei etwa der Hälfte der Erkrankten rasch zum Tode, nicht selten innerhalb nur eines einzigen Tages nach Ausbruch der Krankheit. Andere Quellen nennen Letalitätsraten von 20 bis 70 %, ja bis zu 80 %.[14][15]

Praktisch alle Artikel, die sich mit der Anwendung der Homöopathie bei Seuchen und Epidemien beschäftigen, verweisen auf die Behandlungserfolge bei der Cholera. Diese Krankheit ist erst ab 1830 in Europa und den USA in mehreren Seuchenzügen aufgetreten.[14] Die konventionelle Behandlung unterschied sich drastisch von den Empfehlungen Samuel Hahnemanns, wie diese Krankheit homöopathisch zu behandeln sei. Auf Seiten der konventionellen Medizin war die Suche nach einer Behandlungsmethode durch ein Ausprobieren der verschiedenen Möglichkeiten gekennzeichnet, die durchaus auch den Aderlass eingeschlossen hat und das Verbot, dass der Patient trinke.[14] Dies war im Falle der durch erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust gekennzeichneten Cholera eine wenig erfolgreiche Vorgehensweise. Schließlich ist der intravenöse oder auch orale Ersatz von Flüssigkeit und Elektrolyten die heute angewandte Therapie, mit der Sterberaten unter 1 % erreicht werden.

Die Vorgabe Hahnemanns hingegen sah kräftige Speisen und Getränke vor sowie die Einnahme von „Kampferspiritus“, einem Gemisch von Kampfer in Weingeist im Verhältnis 1:12.[16] Dieses Mittel sollte alle paar Minuten tropfenweise eingenommen und auch zum Einreiben der Haut verwendet werden. Ebenso sollte Kampfer auf einem heißen Blech verdampft oder als Einlauf verwendet werden.

Die von Hahnemann vorgesehene Therapie hat mithin nichts mit dem zu tun, was heute als kennzeichnendes Merkmal der klassischen Homöopathie gilt — nämlich die Verordnung der Mittel nach dem Ähnlichkeitsprinzip oder die Verwendung von durch Potenzieren hergestellten Präparaten. Ganz im Gegenteil passen die Grundüberlegungen Hahnemanns eher zu heutigen Antibiotika:

Der Campher besitzt vor allen anderen Arzneien die Eigenschaft, daß er die feinsten Thiere niederer Ordnung schon durch seinen Dunst schnell tödtet, und so das Cholera Miasm (was wahrscheinlichst in einem, unsern Sinnen entfliehenden lebenden Wesen menschenmörderischer Art besteht, das sich an die Haut, die Haare usw. der Menschen und an deren Bekleidung hängt, und so von Mensch zu Mensch unsichtbar übergeht) am schnellsten zu tödten und zu vernichten, und so den Leidenden von demselben und der dadurch erregten Krankheit zu befreien, und herzustellen, im Stande sein wird. – In dieser Absicht muß der Campher in voller Ausdehnung angewandt werden.[17]

Regelrechte Homöopathika sollten nach Hahnemann erst in einem späteren Krankheitsstadium angewandt werden, jedoch wird praktisch nur die Empfehlung des Kampfers in der homöopathischen Literatur als Hahnemanns Verdienst gewürdigt.[18][19]

Der in Philadelphia (USA) praktizierende Homöopath Dr. Thomas L. Bradford (1847─1918) berichtet in seinem 1900 erschienenen Zahlenwerk auf 33 Seiten sehr umfangreich über eine Vielzahl von Behandlungsergebnissen der Cholera.[20] Darin ist ohne Zweifel erkennbar, dass die von Homöopathen angewandte Therapie wesentlich bessere Resultate erbrachte als in der konventionellen Medizin erreicht wurden. Auch wenn eine Zusammenfassung der Zahlen aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Quellen nicht möglich ist, so kann man doch erkennen, dass die Homöopathen eine wesentlich geringere Letalität[B 4] erreicht haben. Wobei allerdings höchst unterschiedliche Verhältnisse auftreten, wie diese aus der Vielzahl der angegebenen Zahlenwerte herausgegriffenen Beispiele zeigen:

  • Ein Querschnitt aus neun homöopathischen und neun konventionellen Krankenhäusern aus Europa und USA um die Mitte des 19. Jahrhunderts ergab eine Letalität von 27 % der Erkrankten für die Homöopathie und 54 % für die konventionelle Behandlung [S. 115].[20]
  • In Wien hingegen seien 1831/32 unter homöopathischer Behandlung nur 6 % der Patienten gestorben [S. 125].[20]
  • Bei der Epidemie von 1836 seien wiederum in Wien 33 % der homöopathisch behandelten Patienten verstorben im Vergleich zu 66 % unter der konventionellen Behandlung [S. 131].[20]

Da diese Daten bei Bradford[20] einfach ohne nähere Angaben zu den Begleitumständen, unter denen sie ermittelt wurden, nacheinander aufgeführt werden, ist keine nähere Betrachtung möglich.

Aus den Angaben Bradfords[20] kann man allenfalls folgende Schlussfolgerungen ziehen: Die von Hahnemann vorgeschlagene Therapie erscheint durchwegs bessere Resultate erbracht zu haben als die zeitgenössische konventionelle Medizin, ohne dass daraus hervorgeht, welches Element die Besserung erbrachte. Allerdings stimmt diese Behandlung mit keinem einzigen homöopathischen Prinzip überein. Demzufolge kann hieraus keinerlei Rückschluss zur Homöopathie selbst gezogen werden.

Cholera-Epidemie in Cincinnati 1849

In der Liste des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) [N-1] wird auf eine Cholera-Epidemie in Cincinnati/Ohio im Jahr 1849 hingewiesen. Über die Angaben bei Bradford[20] kann man die Originalquellen[21] ausfindig machen.

  • Nach dem Bericht eines Pfarrers sind in seiner nicht näher bezeichneten Pfarrei von 25 konventionell behandelten Fällen fünf verstorben, von 160 Homöopathie-Patienten jedoch nur einer.
  • Zwei homöopathische Ärzte behandelten 1.116 Cholera-Patienten, von denen 35 starben.[B 5] Nach der Beschreibung hat man sich dabei recht strikt an die Verordnung Hahnemanns gehalten [S. 68].

Cholera-Epidemie in London 1854

Der deutsche klinische Psychologe Harald Walach[1] weist auf eine Cholera-Epidemie 1854 in London hin [N-2], die zwar nicht die größte dieser Epidemien war, aber dennoch medizinhistorisch bedeutsam ist. Hier wurde erstmals gezeigt, dass die Infektionen auf kontaminiertes Trinkwasser zurückzuführen waren.[22] Es werden die Erfolge und Misserfolge dreier Krankenhäuser verglichen: das homöopathisch arbeitende Hospital in Golden Square in Soho und das konventionell behandelnde Middlesex Hospital, ebenfalls Soho, sowie das gleichfalls konventionell arbeitende St. Bartholomew Hospital im Londoner Stadtgebiet („City of London“). Die Letalität habe bei den 61 homöopathisch behandelten Patienten bei 16,4 % gelegen, in den anderen Häusern wurde bei 231 Fällen eine Letalität von 53,2 % (Middlesex), bzw. bei 478 Fällen von 41,6 % (St. Bartholomew) verzeichnet.

Die Beschreibungen der verschiedenen Behandlungsweisen gleichen dem bereits Gesagten: Aderlass und Verordnung giftiger Chemikalien auf Seiten der konventionellen Medizin, die Behandlung nach Hahnemann mit Trinken und kräftigenden Speisen nach Bedarf auf Seiten der Homöopathen. Auch die Ergebnisse sind ähnlich wie in den anderen Fällen. Diese Epidemie liefert folglich keinen Anlass dafür, die bisherige Schlussfolgerung abzuändern: Die konventionelle Therapie, gekennzeichnet durch viele Versuche, hat den Patienten eher geschadet, während die Homöopathie diese Fehler vermied und eher in die Richtung der heutigen Therapie („Rehydrierung und Ausgleich des Elektrolytverlusts“) fällt. Dies liefert eine plausible Erklärung des Erfolgs. Auch wenn in der Originalquelle[22][B 6] ohne Angabe von nachvollziehbaren Gründen ausgeschlossen wird, dass die in Hahnemanns Behandlungskonzept quasi selbstverständlich enthaltene Rehydrierung etwas beigetragen haben könnte.

Cholera-Epidemie in Peru 1991/1992

In der Liste des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) [N-1] wird auf die Cholera-Epidemie in Peru hingewiesen. Über die Ergebnisse der Homöopathie wird vom gleichen Autorenteam in zwei Arbeiten berichtet: Die erste davon[23] beschreibt den Einsatz von Homéopathes Sans Frontières,[B 7] bei dem die Homöopathie in Kombination mit der Rehydrierung[B 8] angewandt wurde. Es wird dabei jedoch erstaunlicherweise kein einziger Zahlenwert berichtet, es wird lediglich verbal ausgesagt, dass die Erfahrung auf der Mission zeige, dass der Einsatz der Homöopathie die Besserung der Mehrheit der klinischen Symptome beschleunigt hätte. Die zweite Arbeit[24] war eine doppelt verblindete Studie zur homöopathischen Therapie der Cholera, in der aber kein Unterschied zwischen Placebo und Homöopathie festgestellt wurde. Gegenstand beider Arbeiten ist die Behandlung der Cholera mittels klassischer Homöopathie, also nicht der von Hahnemann persönlich vorgeschlagenen unhomöopathischen Therapie mittels Kampfer. Wie das Ergebnis zeigt, ist eine wirkliche homöopathische Behandlung nicht erfolgversprechend.

Cholera-Epidemie in Palermo

Der niederländische Homöopath Harry van der Zee[9] erwähnt eine Cholera-Epidemie in Palermo, ohne eine Jahreszahl zu nennen, und verweist auf eine Quelle „Gebhardt 1929“. Diese Quelle konnte jedoch nicht lokalisiert werden.

Fazit zur Cholera

Die genannten Daten reichen auf keinen Fall aus, um auf eine Wirksamkeit der Homöopathie schließen zu können. Da die von Hahnemann empfohlene und von den Homöopathen auch durchgeführte Therapie nichts mit Homöopathie zu tun hat und deutlich näher zur modernen Therapie der Cholera liegt als die zeitgenössische konventionelle Medizin, erscheint ein Erfolg der Homöopathen – nicht der Homöopathie – durchaus plausibel.

Gelbfieber

Gelbfieber ist nach den Angaben des staatlichen Robert-Koch-Instituts (RKI), der für Infektionskrankheiten zuständigen deutschen Bundesbehörde, ein durch ein Virus hervorgerufenes Fieber, das in tropischen und subtropischen Gebieten durch Moskitos übertragen wird.[25] Die Mücken nehmen mit einer Blutmahlzeit die Viren einer infizierten Person auf und geben sie bei der nächsten Mahlzeit an die nächste Person weiter. Diese Theorie wurde 1881 durch den kubanischen Arzt Carlos Juan Finley (1833–1915) aufgestellt und später durch den US-amerikanischen Militärarzt Walter Reed (1851-1902) bestätigt.[26] Das Virus selbst wurde erst 1927 von dem irischen Bakteriologen Adrian Stokes identifiziert.[27]

Die meisten Infektionen verlaufen (vergleichsweise) leicht mit Fieber, Übelkeit und Erbrechen und sind nach wenigen Tagen ausgestanden. In 15 % der Fälle kommt es zu einer zweiten Phase der Krankheit, die zumeist mit Schädigungen der Leber und Blutungen der Schleimhäute verbunden ist sowie mit massiven Blutungen im Magen-Darm-Trakt. Diese Phase endet in 50 % der Fälle tödlich. Die Gesamtsterblichkeit liegt bei 10 bis 20 % der Erkrankten. Es gibt heute eine Impfung, die vor der Infektion schützt, jedoch keine ursächliche medikamentöse Therapie von einmal ausgebrochenem Gelbfieber. Man beschränkt sich auf den Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts und die Linderung der auftretenden Schmerzen. In den schweren Fällen ist eine intensivmedizinische, auf die Symptome gerichtete, Behandlung erforderlich. Nach einer überstandenen Infektion ist man lebenslang immun gegen dieses Virus.[25]

Eine Empfehlung zu einer speziell angepassten homöopathischen Vorgehensweise existiert offenbar nicht, denn auch in der moderneren Literatur wird lediglich eine nach dem Ähnlichkeitsprinzip auf die individuellen Symptome gerichtete Verordnung empfohlen.[28]

Gelbfieberepidemie in Natchez, Mississippi 1853

Julian Winston (1941–2005) [N-6],[7] ein zuletzt in Neuseeland lebender US-amerikanischer Homöopath, verweist auf die Ergebnisse der homöopathischen Behandlung in Natchez, damals die Hauptstadt des US-Bundesstaates Mississippi mit etwa 6.000 Einwohnern, wobei nicht klar ist, ob die Sklaven mitgezählt wurden. Die Zahlenangaben hierzu finden sich bei Bradford,[20] wonach 1853 im Mississippi State Hospital in Natchez 55 % der 49 Patienten verstorben sind (also 27 Patienten), 1854 und 1855 unter anderer ─ homöopathischer ─ Leitung hingegen nur 5 %.

Einer Monographie zum Gelbfieber von Dr. William H. Holcombe (1825–1893), einem US-amerikanischen Homöopathen, können Einzelheiten entnommen werden:[29] Für die konventionelle Behandlung gab es offensichtlich verschiedene Ansätze, darunter Aderlass, Abführmittel, Einsatz von Quecksilber bzw. Calomel (Quecksilberchlorid, giftig) in großen Dosen, ebenso Chinin. Zusammen mit einem Dr. Davis habe er 555 Fälle homöopathisch behandelt, davon seien 33 Patienten verstorben. Bei den 522 erfolgreichen Behandlungen seien fünf Fälle aufgetreten, die nach „schwarzem Erbrechen“ wieder genesen seien. In ganz Natchez habe es in der fraglichen Zeit 430 Begräbnisse gegeben, davon 320 durch Gelbfieber verursacht. Daraus zieht Holcombe den Schluss, dass die Anwendung der Homöopathie zu einem Erfolg geführt habe, denn die Letalität unter der zeitgenössischen konventionellen Behandlung müsse deutlich höher gewesen sein: Wenn bei konventioneller Behandlung die gleiche geringe Letalität vorgelegen hätte wie bei der Homöopathie, dann hätten mehr Patienten konventionell behandelt worden sein müssen als zur Zeit der Epidemie in Natchez und der näheren Umgebung überhaupt gelebt haben, um auf diese Zahl der Begräbnisse zu kommen. Bei dieser Betrachtung wurde folglich unterstellt, dass sich praktisch alle Patienten behandeln ließen, und die Zahl derjenigen, die sich keiner ärztlichen Behandlung unterzogen hatten und verstorben waren, vernachlässigbar gering war. Hierzu sind dem Text keine Angaben zu entnehmen.

Dass die damalige konventionelle Behandlung den Patienten wenig Nutzen brachte, ihnen sogar Schaden zufügte, ist offensichtlich. Aber ob die Homöopathie einen positiven Beitrag geleistet hat, kann man dem Bericht nicht entnehmen. Es gibt keine statistischen Angaben über die Schwere der Infektionen. 6,6 % Letalität sind nicht so weit unterhalb des vom RKI genannten Bereichs der ohne Behandlung auftretenden Letalität, dass man eine durchschlagende Wirksamkeit attestieren müsste.

Gelbfieberepidemie in New Orleans 1878

Julian Winston [N-6] erwähnt kurz,[7] bei einer Gelbfieberepidemie in New Orleans, Lousiana (USA) sei unter homöopathischer Behandlung eine Sterblichkeit von 5,6 % aufgetreten, unter der konventionellen Therapie seien 50 % der Betroffenen gestorben.

Diese Epidemie hatte nicht nur New Orleans betroffen, sondern das gesamte Einzugsgebiet des Mississippi bis hinauf nach Jackson, Missouri. Die Literatur über diese Epidemie ist recht umfangreich, darin eine zeitgenössische Abhandlung von Dr. Ernest Hardenstein (1807─1880), einem US-amerikanischen Homöopathen deutscher Herkunft und ehemaligem Schüler Hahnemanns. Diese Arbeit ist im Internet als Volltext verfügbar.[30] Neben sehr umfangreichen Berichten und Analysen zum Verlauf der Epidemie und der Diskussion von zukünftig zu treffenden Gegenmaßnahmen sind viele offizielle Zahlenangaben enthalten. Demnach gab es in New Orleans unter den rund 200.000 Einwohnern 18.576 Infektionen, bei denen 4.086 Todesfälle auftraten (S. 34), was einer Sterberate von 22 % entspricht.

Der Bericht der vom American Institute of Homeopathy eingesetzten Kommission nennt 1.945 homöopathisch behandelte Fälle, wovon 110 verstarben, was eine Letalität von 5,7 % ergibt. Allerdings sind dies keine offiziell gemeldeten Zahlen, vielmehr hatte die Kommission per Rundschreiben alle homöopathischen Ärzte in den betroffenen Gebieten abgefragt. Um sicherzugehen, dass auch die weniger vorteilhaften Ergebnisse einfließen, wurde den Ärzten Anonymität zugesichert. Dennoch weigerten sich sechs Ärzte aus New Orleans, ihre Zahlen anzugeben (S. 40).[30] Leider wird die Zahl der eingegangenen Berichte aus New Orleans nicht genannt. Für das gesamte Einzugsgebiet kamen 61 Rückmeldungen mit Angaben zu dieser Epidemie zusammen, so dass die sechs fehlenden Ärzte für New Orleans alleine eine beträchtliche Anzahl darstellen.

Die Angaben von Winston zur Letalität unter konventioneller Behandlung von 50 %[7] stehen im Widerspruch zu den aus den offiziellen Daten errechenbaren 22 %. Da eine bedeutende Zahl der Ärzte aus New Orleans sich weigerte, Daten zu liefern, ist die Letalität unter homöopathischer Behandlung sehr wahrscheinlich durch einen Publikationsbias,[B 9] die unvollkommene Berichterstattung negativer Ergebnisse, verzerrt.

Fazit zum Gelbfieber

Die Letalität unter homöopathischer Behandlung liegt nicht allzu weit unterhalb derer bei unbehandelten Patienten und ist möglicherweise durch einen Publikationsbias verzerrt. Dies war sicher gegenüber den zeitgenössischen konventionellen Therapieversuchen ein Vorteil, deren Letalität allerdings deutlich ins Negative überzeichnet wird.[B 10]

Diphtherie

Diphtherie ist eine durch Bakterien verursachte Infektionskrankheit der oberen Atemwege, die zu lebensbedrohlichen Komplikationen und Spätfolgen führen kann.[31] Sie wird von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion verbreitet und kann sich über den ganzen Körper des Kranken ausbreiten. Durch die Einführung der Impfung hat das Vorkommen der Krankheit stark abgenommen. Die Behandlung ist heute durch Antitoxin und ein Antibiotikum möglich. Richtig und frühzeitig behandelt ist die Sterblichkeit gering und die Krankheit heilt ohne große Folgen aus.[31] Der Erreger, Corynebacterium diphtheriae, wurde 1884 vom deutschen Hygieniker und Bakteriologen Friedrich Löffler entdeckt, die prinzipielle Möglichkeit der Impfung dann 1890 durch den Berliner Stabsarzt Emil von Behring und den japanischen Bakteriologen Shibasaburo Kitasato.[32]

Diphtherie im Broome County 1862─1864

Julian Winston [N-6] zitiert,[7] dass im Broome County, einem Regierungsbezirk im US-Bundesstaat New York, bei der in den Jahren 1862 bis 1864 seuchenartig aufgetretenen Diphtherie die Sterblichkeit unter konventioneller Behandlung bei 83,6 % gelegen habe [N-6], unter homöopathischer Behandlung aber nur bei 16,4 %, und bezieht sich dabei auf das ausführliche Zahlenwerk Bradfords.[20] Aus diesem kann die Originalquelle gefunden werden, die im Internet im Volltext verfügbar ist.[33]

Dort wird berichtet, dass die Zahlen von einem der drei ortsansässigen Bestatter ermittelt wurden. Dieser habe in den Jahren 1862 bis 1865 die Todesursachen erfasst und ebenso, ob die Patienten homöopathisch oder konventionell behandelt worden waren. Die oben genannten Prozentzahlen sind lediglich die prozentualen Anteile der Therapieverfahren an der Gesamtzahl der an Diphtherie Verstorbenen: In den Berichtsjahren sind zusammen 104 Todesfälle infolge Diphtherie aufgetreten, davon 84 (= 83,6 %) unter konventioneller und 20 (= 16,4 %) unter homöopathischer Behandlung.

Diese Angaben sind demnach keine Angaben zur Letalität, was der Anteil der Todesfälle an der Zahl der Patienten wäre, die sich einer homöopathischen beziehungsweise konventionellen Therapie unterzogen hatten. Ein hypothetisches Zahlenbeispiel: Wenn von 500 Patienten, die sich konventionell behandeln ließen, 84 versterben, dann ist das eine Letalität von 17 %. Wenn sich hingegen nur 50 Patienten homöopathisch behandeln ließen, dann entsprechen 20 Verstorbene einer Letalität von 40 %. Etwas überspitzt entspricht dieses Zitat der Logik, dass es viel sicherer sei, alkoholisiert anstatt nüchtern Auto zu fahren. Schließlich werden nur 3,6% der Unfälle im Straßenverkehr mit Personenschaden durch alkoholisierte Fahrer verursacht, über 96 % der Unfallverursacher waren also vollkommen nüchtern.

Die berichteten Zahlen haben überhaupt keine Aussagekraft bezüglich eines Erfolgs oder Misserfolgs der Homöopathie. Wenn diese Zahlen heute von homöopathischen Experten zitiert werden, fehlt ganz offensichtlich die notwendige kritische Distanz zum eigenen Tun. Es wurde und wird nicht geprüft, inwieweit die über 150 Jahre alten Ergebnisse für die gegenwärtige Situation valide und noch relevant sind, sonst hätte dieser Fehler auffallen müssen.

Diphtherie-Epidemie in Philadelphia 1859

Der kanadische Homöopath André Saine berichtet in seinem Vortrag [N-3],[3][4] drei homöopathische Ärzte in Philadelphia hätten 300 voll entwickelte Fälle behandelt, sogar die bösartige Variante („malignant diphtheria“), ohne einen Patienten zu verlieren, während die Letalität unter der konventionellen Medizin bei über 50 % gelegen hätte. In einem 2015 erschienen Artikel[34] gibt er eine Quelle für diese Aussage an. Darin zitiert Dr. Constantin Hering (1800–1880) als Vorsitzender der US-amerikanischen Homöopathievereinigung aus dem Gedächtnis ein paar Zahlen zu von ihm behandelten Fällen von Diphtherie:[35] 50 bis 60 schwerere Fälle mit ausgeprägter Diphtherie und genau so viele leichte Fälle. Ein Dr. Lippe habe noch einmal so viele und ein Dr. Reichhelm etwa 80 Patienten behandelt. Das sind zusammengenommen rund 300 Patienten, allerdings mit gemischten Befunden. Wie weit die Erinnerung Herings zu den Todesfällen – also den Niederlagen – zutreffend ist, muss offenbleiben.

Vergleichsdaten zur konventionellen Medizin werden nicht genannt. Allerdings ist den von Bradford gelieferten Daten[20] zu entnehmen, dass die Sterblichkeit an Diphtherie in den großen Städten der USA 1883 unter homöopathischer Behandlung bei 30,29 % gelegen habe, unter einer konventionellen Behandlung bei 34,32 % (S. 61). In 1892 lagen die Zahlen bei 30,41 und 34,07 % praktisch unverändert. Im Jahr 1859, dem Jahr der zitierten Epidemie, mag dies dennoch anders gewesen sein; vielleicht war diese Welle nicht so schlimm oder es gab andere günstige Bedingungen: Ohne eine räumlich und zeitlich übereinstimmende Vergleichsgruppe kann keine Aussage getroffen werden. Der von Constantin Hering zitierte Behandlungserfolg dürfte nach den vorliegenden Daten ein zwar glücklicher, aber äußerst untypischer Vorgang gewesen sein.

Fazit zur Diphtherie

Es gibt keine Quellen, denen zuverlässige Zahlen zur Letalität — das heißt zum Erfolg der Homöopathie bei Diphtherie — zu entnehmen wären.

Scharlach

Scharlach ist eine durch Tröpfchenübertragung verbreitete bakterielle Infektionskrankheit, die mit Halsschmerzen, Hautausschlag und Fieber verbunden ist.[36] Es gibt eine harmlose Form („Febris scarlatina“), die man erst seit 1861 sicher abgrenzen kann. Scharlach ist heute durch Antibiotika gut behandelbar, es gibt aber das Risiko schwerwiegender, durch die Infektion hervorgerufener Folgeerkrankungen, die bis hin zu rheumatischem Fieber oder Entzündung der Herzklappen führen können. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Scharlach eine häufige Todesursache von Kindern. In einzelnen Epidemien sei eine Letalität von 20 % aufgetreten, in extremen Fällen werden bis zu 50 % genannt.[37] Im Allgemeinen lagen diese Zahlen jedoch wesentlich niedriger:[38] Um 1900 lag die Letalität in Hamburg bei etwa 3,2 %. Scharlach war ohne Antibiotika-Behandlung für Wochen hochansteckend, so dass er sich epidemieartig ausbreiten konnte.

Dass Scharlach durch eine Infektion mit Streptokokken verursacht wird, wurde erst in den frühen 1900er Jahren bestätigt, nachdem diese Bakterien erstmals im Rachen erkrankter Menschen gefunden worden waren.[39]

Prävention und Behandlung nach Hahnemann

In seinem Büchlein[40] zur Heilung und Verhütung des Scharlach unterscheidet Hahnemann zwischen einer gutartigen und einer bösartigen Verlaufsform. Zur Therapie empfiehlt er eine „starke Mohnsafttinktur“, die auf einem Papier getrocknet in der Gegend der Herzgrube auf die Haut aufgelegt werden soll. Als Alternative käme tagsüber auch eine orale Einnahme einer starken Verdünnung (zweimal 1 : 500) dieser Tinktur in Frage. Hahnemann empfiehlt hier also noch nicht das Verschütteln, das Potenzieren scheint zu diesem Zeitpunkt, 1801, noch kein Bestandteil seiner Lehre gewesen zu sein. Gegen Abend änderten sich für gewöhnlich die Symptome der Erkrankten, weshalb dann Ipekakuanha (Brechwurzel) ebenfalls in starker Verdünnung gegeben werden sollte. Weiterhin empfiehlt er …

… die Entfernung aller Muthlosigkeit durch gütliches, tröstendes Zureden, angenehme kleine Geschenke, vorgespiegelter Hoffnung baldiger Genesung – und auf der anderen Seite die dem Kranken verstattete freie Wahl aller Arten von Getränken, und der mehr oder weniger warmen Bedeckung, wie ihm beliebt …[40]

Als Prophylaxe empfiehlt er die Einnahme von Belladonna, ebenfalls sehr stark verdünnt, aber noch nicht potenziert.

Harald Walach [N-2] schreibt, die preußischen Behörden hätten bei einer späteren Epidemie auf die von Hahnemann entwickelte Prophylaxe zurückgegriffen. In der Tat findet sich unter der angegebenen Quelle[41] ein entsprechender Hinweis, dass die preußische Regierung 1838 die Ärzte entsprechend angewiesen hätte. Leider wird in diesem 1922 erstmals erschienen Buch keine Belegstelle genannt, etwa auf entsprechende Regierungsverordnungen oder andere amtliche Dokumente verwiesen, so dass diese Angabe nicht überprüft werden kann. Und selbst wenn dies bestätigt werden könnte, sagt ein solcher Vorgang lediglich, dass die Verantwortlichen dieses Verfahren angeordnet hatten, aber nichts darüber, aufgrund welcher Überlegungen dies geschah und schon gar nichts zur Wirksamkeit.

Bei Bradford[20] findet sich ohne weitere Angaben eine Aufstellung über die Erprobung der Hahnemannschen Prophylaxe. Fünfzehn verschiedene Ärzte hätten zusammen 2.027 Patienten mit Belladonna behandelt, bei 79 davon kam es dennoch zu einer Infektion (3,9 %). Dieses Ergebnis ist jedoch ohne jede Aussagekraft, da keinerlei Angabe zur Morbidität vorliegt, wie es den Menschen also ohne diese Prophylaxe ergangen ist, geschweige denn dass es eine Vergleichsgruppe gegeben hätte.

2009 erschien eine systematische Übersichtsarbeit zu den kontrollierten Versuchen aus dem 19. Jahrhundert, ob Belladonna Scharlach verhindern könnte.[42] Als einzige aussagekräftige Arbeit wird eine Studie von Dr. Thomas Graham Balfour (1813–1891, britischer Militärarzt) aus dem Jahr 1848 genannt: 151 Jungen wurden auf zwei Gruppen aufgeteilt, eine erhielt Belladonna, die andere nicht. In beiden Gruppen traten je zwei Infektionen auf. Die Zahlen sind sicher zu niedrig, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, aber es zeigt sich, dass auch in der unbehandelten Gruppe nur wenige Infektionen auftraten (2,8 %).

Es gibt mithin keinen Beleg, dass Belladonna als Prophylaxe bei Scharlach erfolgreich sein könnte.

Scharlach-Epidemie in Carlisle, Pennsylvania (USA) 1849

André Saine führt in [N-3][3][4] aus, dass Adolph Lippe (1812–1888, US-amerikanischer Homöopath deutscher Herkunft) während der Scharlach-Epidemie in Carlisle, Pennsylvania (USA) über 150 Fälle behandelt hätte, ohne dass ein Patient verstorben wäre, während die Sterberate unter der konventionellen Medizin bei über 90 % gelegen habe, wobei die wenigen Überlebenden bleibende Schäden davongetragen hätten.

Als Quelle dient ihm ein Eintrag auf dem Facebook-Account des American Institute of Homeopathy (AIH).[43] In der dort genannten Quelle[44] werden lediglich für die Jahre von 1848 bis 1851 die Zahlen der in Philadelphia an Scharlach Verstorbenen genannt. Die von Saine und vom AIH angegebenen Zahlen sind dort nicht auffindbar.

Es konnten auch keine Quellen gefunden werden, in denen diese bemerkenswerte Episode überhaupt erwähnt wird. Weder in John Davey Rollestons' (1873–1946, englischer Arzt und Epidemiologe) Abhandlung über die Geschichte des Scharlach[45] wird dies erwähnt, noch in Saines Artikel[34] über Adolph Lippe, der diesen Erfolg erzielt haben soll. Saine erwähnt dies auch nicht in der Diskussion mit Steve Novella [N-4] bei der Vorstellung der „besten Belege zur Homöopathie“. Eine Suche nach den Schlagwörtern „Carlisle“, „Lippe“, „Homeopathy“, „scarlett fever“ führt weder in Google noch in Google Scholar zu passenden Ergebnissen.

Von dieser Epidemie scheint mithin noch nicht einmal die Existenz belegbar.

Fazit zum Scharlach

Es gibt weder einen Beleg dafür, dass die Prophylaxe Hahnemanns erfolgreich war, noch dafür, dass die Homöopathie erfolgreich als Therapie angewendet worden wäre.

Typhus / Fleckfieber

Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurden zwei verschiedene Krankheiten als Typhus bezeichnet, was sich heute noch in einer gewissen sprachlichen Verwirrung niederschlägt: der echte Typhus und das Fleckfieber („Kriegstyphus“). Die im deutschen Sprachgebrauch als Typhus bezeichnete Krankheit, die auf Englisch „typhoid fever“ heißt, wird durch Salmonellen aus verschmutzem Wasser oder damit kontaminierten Lebensmitteln übertragen. Das Fleckfieber hingegen, das auf Englisch „typhus“ heißt, ist eine durch Läuse und Flöhe übertragene Infektion mit Bakterien („Rickettsien“).[46] Die Epidemie in Leipzig 1813 wird zwar im deutschen Sprachraum ebenfalls als Typhusepidemie bezeichnet, war aber Fleckfieber (siehe unten).[47]

Das Fleckfieber ist heute in Deutschland sehr selten und durch Antibiotika gut behandelbar. Wenn jedoch viele Menschen über lange Zeit unter schlechten hygienischen Bedingungen zusammen sind, besteht auch heute noch ein deutliches Ansteckungsrisiko.[46] In den Armeen früherer Tage kamen bei längeren Feldzügen mehr Soldaten an Krankheiten und deren Folgen, an Unfällen und Auszehrung ums Leben als bei den eigentlichen Kampfhandlungen. So starben beispielsweise beim Angriff Napoleons auf Russland 1812 mehr Soldaten an Fleckfieber und anderen Krankheiten als in den Schlachten. Die Krankheit äußert sich durch hohes Fieber und einen zeitweise auftretenden Hautausschlag (der Name der Krankheit rührt daher). Es besteht das Risiko von Sekundärinfektionen, z. B. einer Hirnhautentzündung oder einer Lungenentzündung. Unbehandelt kann das Fleckfieber in bis zu 40 % der Fälle tödlich enden.

Der Erreger des Fleckfiebers, das Bakterium Rickettsia prowazeki, wurde 1916 erstmals beschrieben.[48]

Typhus-/Fleckfieberepidemie in Leipzig 1813

Fast in jeder Darstellung erfolgreicher Einsätze der Homöopathie bei der Bekämpfung von Seuchen und Epidemien wird auf die „Typhusepidemie“ in Leipzig hingewiesen. So führt auch André Saine in [N-3][3][4] dieses Beispiel an und verweist auf eine bei konventioneller Behandlung zu erwartende Letalität von 15 % und mehr, bis zu 100 % seien möglich.

In seinen Behandlungsempfehlungen[49] beschreibt Hahnemann Patienten in der zweiten Phase der Erkrankung:

(…) er kennt die Anverwandten nicht, oder er mißhandelt sie, er antwortet verkehrt, redet mit offenen Augen irre, begeht thörichte Handlungen, will davon laufen, schreit laut oder winselt, (…) verzerrt das Gesicht, verdreht die Augen, spielt mit den Händen, gebärdet sich wie ein Wahnsinniger …[49]

Dies passt gut zu den für das Fleckfieber genannten Symptomen „Sprachstörungen“, „Bewusstseinsstörungen“, „Gewalttätigkeit“, aber nicht zu den Symptomen für den echten Typhus.[46][50] Somit können wir sicher sein, dass es sich bei der Epidemie in Leipzig tatsächlich um Fleckfieber gehandelt hat.

Nach der Völkerschlacht zwischen der Grande Armée Napoleons und den Armeen seiner alliierten Gegner im Oktober 1813 blieben in Leipzig (damals rund 33.000 Einwohner) und Umgebung die Leichen von 90.000 Gefallenen und etwa 50.000 Verwundete zurück. In der Folge kam es zu einer Epidemie, die entsprechend den Gepflogenheiten im älteren Schrifttum als Typhusepidemie bezeichnet wird. Hahnemann lebte damals in Leipzig und behandelte auch selbst Patienten. Von seinen 183 Patienten sei nicht einer gestorben, sagt Saine [N-3][3][4]. Diese Angabe stimmt mit Hahnemanns Angaben in seiner Reinen Arzneimittellehre, Fußnote auf Seite 358,[51] überein, was jedoch im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben an anderer Stelle[49] steht, wonach eine alte Frau verstorben sei. Aber unabhängig davon: die Behandlung Hahnemanns wäre auf jeden Fall außerordentlich erfolgreich gewesen.

Hahnemann verordnete je nach Krankheitsphase verschiedene homöopathisch aufbereitete Mittel (Bryonia alba, Thus toxidendron, Hyosciamus niger) als C12-Potenzen.

Die Statistiken von Bradford[20] liefern hier keinen sicheren Anhaltspunkt, da unklar bleibt, was hier mit „typhus fever“ gemeint ist, eben "typhus" = Fleckfieber oder "typhoid fever" = Typhus. In den zusammengestellten Statistiken zeigen sich für die Letalität unter homöopathischer Behandlung Werte zwischen 6 und 12 %, für die zeitgenössische konventionelle Medizin zwischen 16 und 35 %.

Hahnemann hat mit seiner Behandlung nach seinen Angaben selbst gemessen an heutigen Antibiotika-Therapien herausragende Erfolge erzielt. Wie hat er das erreicht? Dies ist anhand der Quellen leider nicht nachvollziehbar. Hahnemann hat zwar sehr ausführliche Krankenjournale geführt, die heute von der Robert Bosch Stiftung verwahrt werden. Einzelne Bände sind schon erschienen, aber der Band für die Jahre 1813/14 nicht, obwohl frühere und spätere Bände bereits verfügbar sind.[52]

Es wäre eine lohnenswerte medizingeschichtliche Forschungsarbeit, diesen Erfolg Hahnemanns aufzuarbeiten:

  • Welche Symptome führten zur Diagnose „Fleckfieber“?
  • Welche Stadien lagen vor?
  • Worin bestand die Behandlung neben der Gabe der homöopathischen Mittel noch?
  • Wurden alle Patienten bis zum Ende ihrer Beschwerden verfolgt?
  • Gibt es vergleichbare Berichte zu konventionellen Behandlungen und deren Erfolgen?

Es ist erstaunlich, dass eine solche Untersuchung bei einem der bedeutendsten und einem der am häufigsten zitierten Erfolge Hahnemanns nicht schon längst durchgeführt worden ist. Hier bestünde genug Anlass für eine Forschung, die auch zu einer klinischen Studie führen könnte, sofern ein Erfolg der Behandlung hinreichend plausibel wäre.

Fazit zu Typhus/Fleckfieber

Generell waren die Erfolge der Homöopathie bei Fleckfieberepidemien eher gering – und könnten aufgrund der Quellenlage durchaus auch auf sekundäre Maßnahmen zurückzuführen sein, wie bessere Versorgung, Vermeiden schädlicher Therapieversuche etc. Der oftmals zitierte Erfolg Hahnemanns ist auf jeden Fall ein besonderer Einzelfall, der einer medizinhistorischen Aufarbeitung harrt.

Pocken

Die Pocken sind eine durch Viren verursachte, lebensbedrohlich schwere Infektionskrankheit, die infolge der systematischen Impfungen seit 1980 als ausgerottet gilt.[53] Die Krankheit gilt als sehr infektiös und wird durch Tröpfchen- und Schmierinfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Charakteristisch ist ein Hautausschlag aus kleinen mit Sekret oder Eiter gefüllten Bläschen, die beim Ausheilen schwere Narben hinterlassen. Es gibt mehrere Verlaufsformen. Die sogenannten Weißen Pocken und die Affen- oder Kuhpocken verlaufen eher harmlos. Die echten Pocken (Variola major) sind hingegen für ein Drittel der Erkrankten tödlich. Bei den Schwarzen Pocken (Variola haemorrhagica) verstirbt der Patient in der ersten Erkrankungswoche, oft schon innerhalb von 48 Stunden.

Die Pocken sind immer wieder epidemisch aufgetreten, im 19. Jahrhundert zum Teil mehrfach etwa in Australien, den USA, Kanada und Südafrika, und in Europa in der Folge des deutsch-französischen Krieges 1870/71.[54] Die Pocken waren die erste Krankheit, gegen die eine Impfung bekannt war, die der englische Arzt Edward Jenner 1796 erstmals vornahm, nachdem schon von mehreren anderen Personen beobachtet wurde, dass eine Infektion mit Kuhpocken gegen die richtigen Pocken immunisierte.[55] Eine ursächliche Therapie ist nicht bekannt, jedoch wirkt der heutige Impfstoff auch noch einige Tage nach der Infektion.

André Saine zählt in [N-3][3][4] die Epidemien auf, bei denen durch die Homöopathie dauerhaft eine niedrige Letalität erreicht worden sei, und schließt dabei die Pocken mit ein, ohne im restlichen Vortrag darauf einzugehen oder Quellen zu nennen. Allerdings sind keine Quellen zu finden, die dies bestätigen würden. Auch der österreichische Homöopath Anton Rohrer, der 2008 unter der Überschrift „Homöopathische Epidemiebehandlung – eine Erfolgsgeschichte“ auf dem Kongress des DZVhÄ vorgetragen hat [N-5][6], erwähnt keinen erfolgreichen Einsatz der Homöopathie als Therapie, sondern verweist auf eine erfolgreiche Prophylaxe, wie aus einem Bericht von Charles W. Eaton (1855–1943, US-amerikanischer Homöopath) aus dem Jahr 1907 zu entnehmen sei.

In diesem Bericht wird dargestellt, dass man Variolinum erfolgreich zur homöopathischen Prophylaxe eingesetzt habe.[56] Variolinum ist eine Nosode, also ein Mittel aus pathologischem Material wie Körpergewebe, Ausscheidung oder Absonderung eines an der Krankheit, hier den Pocken, Erkrankten. In diesem Fall ist es das Sekret der sich auf der Haut als Ausschlag bildenden Bläschen.

Nach dem Bericht von Eaton[56] haben er und seine Kollegen während einer Pocken-Epidemie in Iowa 1902 insgesamt 2.806 Menschen mit Variolinum behandelt, davon seien 547 mit Pockenkranken in Berührung gekommen, und nur 14 hätten sich infiziert. Es liegen weder Daten zu den Testpersonen noch zu vergleichbaren Gruppen oder andere statistische Angaben vor, so dass es nicht möglich ist, den Erfolg zu beurteilen.

Auch Bradford[20] gibt in seiner Übersicht nur wenige, als Beleg für einen erfolgreichen Einsatz kaum geeignete Daten an: An einer Stelle (S. 36) berichtet er von „zusammengefassten Daten homöopathischer Krankenhäuser“, dass bei 211 Fällen nur sechs Patienten gestorben seien. Allerdings handelte es sich hier um die leichte Form der Pocken – „Smallpox (vatioloid)“ –, wie sie nach einer Impfung oder nach einer bereits überlebten Pockenerkrankung auftreten. Außerdem werden keine Vergleichsdaten zu konventionellen Therapien genannt.

Dieses Fehlen an Erfolgsberichten zur homöopathischen Therapie ist umso auffälliger, da es in Amerika und Europa durchaus zahlreiche Ausbrüche gab, von denen aber keine homöopathischen Therapieversuche berichtet werden, beispielsweise 1860/61 in Pennsylvania, 1865–1873 in den Städten der US-Ostküste, 1870–1875 in Deutschland, 1877 in Los Angeles, 1902 in Boston.[57] Wenn es also homöopathische Therapieversuche bei den Pocken gab – und warum sollte das nicht der Fall gewesen sein? – dann waren sie vermutlich nicht erfolgreich, denn sonst würden sie sicher ausführlicher zitiert werden.

Fazit zu den Pocken

Der Hinweis auf einen erfolgreichen Einsatz der Homöopathie bei Pocken ist eine Behauptung, für die keine Belege vorliegen, und die daher ungerechtfertigt ist.

Influenza / Spanische Grippe

Die Spanische Grippe war eine besonders heftige Grippe-Pandemie, die nur deshalb diesen Namen trägt, weil in Spanien, als am Ersten Weltkrieg nicht teilnehmendes Land, als erstes über diese Epidemie berichtet wurde. Tatsächlich war der erste Fall ein US-amerikanischer Soldat. Zwischen 1918 und 1920 hatte diese Krankheit weltweit nach verschiedenen Schätzungen zwischen 27 und 50 Millionen Tote zur Folge, einzelne Quellen nennen sogar bis zu 100 Millionen Tote. Von den damals rund 1,8 Milliarden Menschen auf der Erde waren etwa ein Drittel infiziert. In Deutschland seien 416.000 Menschen der Seuche zum Opfer gefallen.[58]

Die Ätiologie und Epidemiologie – die Krankheitsursache und -verbreitung – waren zur Zeit der Epidemie nicht bekannt. Das Grippevirus wurde erst 1933 entdeckt.[58] Entsprechend problematisch waren auch hier die Behandlungsversuche der damaligen konventionellen Medizin. Chinin, Borsäure, in England sogar Whisky, wurden als Mittel gegen die Grippe eingesetzt. Besonders in Verruf geraten ist das Aspirin, das in sehr hohen Dosierungen angewendet wurde, bis über 30 g pro Tag, wobei man heute weiß, dass bei einer Tagesdosis von über 150 mg/kg (12 g bei 80 kg Körpermasse) schwere Vergiftungserscheinungen auftreten können, etwa Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Krampfanfälle etc.[58] Eine ursächliche Behandlung der Influenza war nicht bekannt.[58]

Eine spezielle homöopathische Behandlung der Grippe ist ebenfalls nicht bekannt.

US-Streitkräfte

André Saine präsentiert in [N-3][3][4] einige Daten zur Wirkung der Homöopathie bei der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 bis 1920. In der allgemeinen US-amerikanischen Bevölkerung sei auf Basis von 66.092 Fällen unter homöopathischer Behandlung eine Letalität von 0,7 % ermittelt worden, während unter konventioneller Behandlung in den US-amerikanischen Streitkräften auf Basis von 688.869 Behandlungen eine Sterberate von 5,8 % aufgetreten sei.

Was zunächst sehr überzeugend klingt, hält jedoch einer Überprüfung nicht stand, auch wenn Saine keine Quellen angegeben hat. Im Vergleich zu normalen Grippeverläufen zeigte die Spanische Grippe nämlich eine Besonderheit: Während normalerweise die Mortalität über das Alter aufgetragen einen U-förmigen Verlauf ergibt, gleicht dies bei der Spanischen Grippe eher einem W mit einer weiteren Spitze in der Mitte. Es waren also nicht nur Kleinkinder und alte Menschen besonders betroffen, sondern völlig untypisch auch die Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen.[58] Etwa die Hälfte der Todesfälle sind in dieser Altersgruppe aufgetreten, also genau in derjenigen Gruppe, aus der sich die Streitkräfte praktisch ausschließlich zusammensetzen. Der vermeintliche Vorteil der Homöopathie ist folglich zumindest zum großen Teil eine Folge der Gruppeneinteilung, da die konventionell behandelten Gruppe in größerem Umfang zur Risikogruppe gehörte.

Schwangere Frauen

Eine weitere Untergruppe, an der Saine die Erfolge der Homöopathie darstellen will, sind schwangere Frauen. Nach seinen Angaben hätten unter der konventionellen Therapie 51 % der erkrankten schwangeren Frauen eine Lungenentzündung entwickelt, und dreißig Prozent der Grippepatientinnen seien gestorben. Unter homöopathischer Behandlung hätte sich nur in 5,7 % der Fälle eine Lungenentzündung entwickelt, nur 0,7 % der Grippepatientinnen seien verstorben. Auch hier fehlen jedwede Quellangaben, so dass die Zahlen nicht nachvollzogen werden können.

Statistik des Dr. Dewey

Harald Walach behauptet in [N-2],[1] Dr. Willis Alonzo Dewey (1858–1938, Professor für Materia Medica am Michigan Medical College) hätte eine Statistik zur homöopathischen Behandlung der Influenza veröffentlicht, der zu entnehmen sei, dass die Sterblichkeit unter homöopathischer Behandlung relativ niedrig gewesen sei.

Entgegen den Angaben von Walach ist diese Zusammenstellung von Dewey jedoch keine Statistik, in der alle vorliegenden Zahlen nach bestimmten Kriterien zusammengefasst und präsentiert werden.[59] Vielmehr handelt es sich bei der Veröffentlichung aus dem Jahr 1921 um eine Zusammenstellung von positiven Resultaten homöopathischer Therapien bei der Spanischen Grippe ab 1918. Es sind 50 Äußerungen von Ärzten zusammengetragen, die nur eine sehr geringe Mortalität zu verzeichnen hatten.

Auch wenn die genauen Zahlen kaum bekannt sind: Es gab in den USA auf jeden Fall eine sehr große Anzahl von Patienten. Um hier eine repräsentative Aussage ableiten zu können, hätte man sicherstellen müssen, dass eine repräsentative Stichprobe betrachtet wird. Dies wird aber nicht beschrieben. Was waren also die Kriterien für die Auswahl der Berichte? Bei dem offensichtlichen und ausgeprägten Interessenkonflikt ist zu erwarten, dass Ärzte mit weniger positiven Verläufen deutlich zurückhaltender darin waren, ihre Ergebnisse zu publizieren, als ihre erfolgreicheren Kollegen. Wer stellt sich schon gerne selbst als „Versager“ dar? Und selbst wenn solche Berichte bei dem Autor des Artikels angekommen wären, wäre es durchaus möglich, dass er diese nicht in die Veröffentlichung aufgenommen hätte, denn Dewey unterlag als homöopathischer Arzt ebenfalls einem Interessenkonflikt.

Wenn hingegen nur positive Fälle dargestellt werden, ergibt sich ein verzerrtes Bild („Publikationsbias“). Schlussfolgerung: Die Angaben von Dewey geben sehr wahrscheinlich nicht das typische Bild der Behandlungserfolge wieder, sie sind wohl eher eine Auswahl an besonders guten Verläufen. Diese mag es ohne Zweifel gegeben haben, aber sie sind nicht zwangsläufig repräsentativ für die Folgen der homöopathischen Therapie, denn es ist nicht erkennbar, ob auf der anderen Seite nicht etwa doch deutlich mehr negative Ergebnisse vorliegen.

Untersuchung in Ohio

Harald Walach behauptet weiterhin in [N-2],[1] dass in Ohio eine Untersuchung durchgeführt worden sei, bei der sich unter den 24.000 konventionell behandelten Patienten eine Letalität von 28 % ergeben habe. Dies wäre eine außergewöhnlich hohe Sterblichkeitsrate, denn sie lag weltweit bei unter 10 %. Die Letalität unter homöopathischer Behandlung habe je nach Region zwischen 0,01 und 1,05 % gelegen. Diese Angaben wurden offenbar der fragwürdigen Datensammlung von Dr. Dewey[59] entnommen (siehe oben).

Die Quelle, auf die sich Walach bezieht, ist eine Arbeit[60] aus dem Jahr 2012, die die Frage nach einer homöopathischen Grippeprophylaxe untersucht. Bezüglich der Daten aus Ohio bezieht der Autor sich wiederum auf einen Artikel[61] auf der mit Fake News in Zusammenhang gebrachten Webseite[62][63] NaturalNews.com, in dem die Journalistin Melanie Grimes 2009 diese Daten erwähnt. Eine Quelle wird dort nicht angegeben.

Harry Van der Zee gibt in [N-7][9] für eine sehr ähnliche Aussage, nämlich dass ein Dr. McCann aus Dayton in Ohio solche Zahlen berichtet habe, immerhin eine Quelle an. Ebenso verweist Winston auf einen solchen Bericht des Dr. McCann, der in einer längeren Abhandlung zur Grippeepidemie zu finden sei, und nennt dieselbe Quelle. Dort, in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift des amerikanischen Homöopathie-Instituts, ist jedoch keine solche Angabe enthalten.[64] Lediglich die bereits angesprochenen Ausführungen von Dewey finden sich dort.

Man sollte meinen, dass sich eine derartig desaströse Entwicklung, wie Walach sie für Ohio bei der Spanischen Grippe berichtet – das wären immerhin über 6.700 Tote – in der Geschichtsschreibung Ohios niedergeschlagen hätte. Die Ohio History Connection, eine Webseite zur Geschichte des US-Bundesstaates Ohio, erwähnt diese allerdings nicht[65] und weist stattdessen auf die 1.770 Todesfälle in Camp Sherman hin, einem Ausbildungslager der US-Armee. In Cleveland, Ohio, der USA-weit am stärksten betroffenen Stadt, starben knapp 1.600 Bürger,[66] in Cincinnati, Ohio, knapp 1.700.[67] In Columbus, der größten Stadt des Staates, kamen 817 Menschen ums Leben.[68] Demzufolge passt die Zahl der Verstorbenen auch nicht als Gesamtzahl für den Staat Ohio, die vermutlich höher gewesen ist, denn im landwirtschaftlich geprägten Ohio lebte nur ein kleiner Anteil in den Städten.

Konsequenz: Diese „Untersuchung“ in Ohio ist bislang nicht auffindbar – mit der Möglichkeit, dass es sie nie gegeben hat.

Unmögliche Vergleiche

Im Jahr 2014 veröffentliche Stefanie Jahn an der Uni Hamburg ihre Dissertation zum Thema „Die Grippe nach dem ersten Weltkrieg und die Homöopathie im internationalen Vergleich“,[69] die leider nicht im Internet verfügbar ist. Auch die daraus abgeleitete Fachveröffentlichung[70] ist nur gegen Entgelt einsehbar. Die Autorin hat aber (leider ohne Datumsangabe) der Regionalorganisation Berlin/Brandenburg des DZVhÄ ein Interview gegeben, in dem, so ist zu vermuten, einige Aspekte ihrer Arbeit zur Sprache kommen.[71]

Jahn kommt darin zu dem Schluss, dass eine kritiklose und undifferenzierte Wiedergabe der zeitgenössischen Berichte vermieden werden sollte:

Ein Mythos sind sicherlich einige heroische Zahlen, die immer wieder kolportiert werden, die sich aber bei genauerer Betrachtung nicht halten lassen. Das hat vermutlich viele Gründe. Zum einen musste die Homöopathie sich von Beginn an gegen Anfeindungen behaupten. Selbstverständlich geht man lieber mit Erfolgen an die Öffentlichkeit als mit Misserfolgen. Zudem befand sich die Homöopathie zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach einer Blütezeit Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts in einer Krise. In den USA mussten viele Ausbildungsstätten/Colleges schließen und die Anzahl der homöopathischen Kliniken reduzierte sich. Eine erfolgreiche Behandlung der Spanischen Grippe bot die Möglichkeit, an Reputation zu gewinnen. Viele, insbesondere ambulant tätige Ärzte, berichteten von ihren Behandlungserfolgen. Niemand überprüfte die Zahlen. Und welcher Kollege hätte im Austausch gerne zugegeben, dass er mit seiner Behandlung nicht so erfolgreich gewesen war?

[…] Ein Bericht, der oft als Erfolgsbeleg herangezogen wird, stammt aus dem Jahr 1921 von W.A. Dewey: Homeopathy in Influenza – A chorus of Fifty in Harmony“. Zu Wort kommen 50 Homöopathen, die Patienten während der Spanischen Grippe behandelten. Die Aussagen beziehen sich auf prophylaktische Maßnahmen, auf die Behandlung leichter und auf die schwerer Fälle. Manche Zahlenangaben wurden vermutlich mehrfach gezählt, integriert in die Auflistung wurde zum Beispiel eine weitere Sammelangabe, die durch eine Umfrage zu Stande gekommen war. Zudem wurde die Art und Weise, wie behandelt wurde, häufig nicht dargestellt.
Es gilt, eine homöopathische Behandlung von einer Behandlung durch Homöopathen zu unterscheiden. Es gab keine eindimensionale homöopathische Behandlung oder ein einheitliches homöopathisches Vorgehen. Es gab so gut wie immer Begleitbehandlungen. […]

Aus den Erfahrungen der Homöopathen während der Spanischen Grippe kann nicht eine generell bessere Wirkung der Homöopathie im Vergleich zur konventionellen Medizin postuliert werden.[71]

Diese Aussage stellt ein gutes Fazit zu den Aussagen zum angeblichen Erfolg der Homöopathie bei der Spanischen Grippe dar.

Polio - Kinderlähmung

Polio – kurz für Poliomyelitis (Kinderlähmung) – ist eine hoch ansteckende Krankheit infolge einer Infektion mit dem Poliovirus. Dieses Virus wird durch persönlichen Kontakt übertragen und es können sich auch Erwachsene damit infizieren. Der Erreger kann das zentrale Nervensystem befallen und damit Lähmungen verursachen. Diese können zum Tod führen, wenn etwa die Atemmuskulatur davon betroffen wird. Diese Lähmungen bilden sich nach Ende der akuten Infektion nur teilweise zurück. Die Krankheit kann nicht ursächlich behandelt werden, man kann jedoch durch Impfen die Infektion sehr wirkungsvoll verhindern.[72]

Julian Winston berichtet in [N-6],[7] 1957 habe es in Buenos Aires (Argentinien) eine Polio-Epidemie gegeben, bei der homöopathische Ärzte „Tausende von Dosen“ von Lathyrus C30 als Vorbeugung verschrieben hätten. Bei diesen Personen habe „niemand den Fall einer Ansteckung registriert“, wobei der Bezug sprachlich unklar bleibt, ob mit „niemand“ wirklich die Patienten gemeint sind, oder einfach ausgedrückt wurde, dass diese Ärzte keinen Ansteckungsfall registriert hätten.

Gleichwie: Diese Epidemie ist in der sehr ausführlichen Dokumentation der Verbreitung und Bekämpfung der Poliomyelitis der britischen Geographieprofessoren Matthew Smallman-Raynor und Andrew Cliff aus dem Jahr 2006[73] nicht verzeichnet. Der letzte Ausbruch ist in Argentinien für 1956 registriert. Sollte dieser gemeint sein: Einem Bericht der US-amerikanischen Luftwaffe ist zu entnehmen, dass man Hilfsgüter (unter anderem 49 „Eiserne Lungen“) nach Argentinien geflogen hat, da „mehr als 1.600 Argentinier“ infiziert waren.[74] Buenos Aires hatte zu der Zeit bereits mehr als 2,5 Millionen Einwohner. Mithin ist es nicht außergewöhnlich, wenn die Zahl der Infektionen unter den Tausenden, die sich homöopathisch schützen wollten, recht gering blieb, denn es kam ja ohnehin nur ein Fall auf über 15.500 Einwohner.

Eine über Placebo- und Kontexteffekte (unabhängig von der Therapie auftretende Heilungsmechanismen wie natürlicher Krankheitsverlauf, Selbstheilungskräfte, Regression zur Mitte etc.) hinausgehende Wirksamkeit der Homöopathie ist hieraus nicht ableitbar.

Lungenentzündung

Eine Lungenentzündung (Pneumonie) ist eine zumeist auf Bakterien, seltener auf Viren oder auf Pilze zurückzuführende Infektion der Lunge. Sie ist heute die häufigste zum Tod führende Infektion in Westeuropa. Menschen mit geschwächtem Immunsystem gelten als Risikogruppe: Kleinkinder, alte Menschen und chronisch Kranke. Je nach Schwere liegt die Letalität in Deutschland heute bei 2 %, wenn kein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich erscheint. Bei schwerer Lungenentzündung kann die Letalität bis 50 % betragen.[75]

André Saine präsentiert in [N-3][3][4] einen durchaus eindrucksvollen Zahlenvergleich zum Einsatz der Homöopathie bei Lungenentzündungen. Bevor Antibiotika eingesetzt werden konnten, seien unter der konventionellen Behandlung 24,3 % der Patienten verstorben, mehr als ohne Behandlung (21,1 %). Unter homöopathischer Behandlung, also in allen Varianten der Homöopathie, habe die Sterblichkeit bei 3,4 % gelegen. Betrachtet man hingegen ausschließlich die Homöopathie nach Hahnemann, also wenn Einzelmittel nach dem Ähnlichkeitsprinzip individuell verordnet wurden, betrüge sie nur 0,4 % und läge damit erheblich besser als selbst die heutige Therapie mit Antibiotika, bei der immer noch eine Sterblichkeit von 13,7 % auftritt.

Leider gibt Saine nicht alle Quellen zu seinen Zahlen an, so dass man nur vermuten kann, woher die Daten stammen. In [N-4][5] findet man einige Details zu diesen Angaben:

Die Sterblichkeit unter prä-antibiotischer konventioneller Behandlung entstammt offenbar einer Zusammenfassung von 50 Einzelberichten von Ärzten und Krankenhäusern aus den USA und Europa aus den Jahren 1784 bis 1925. Es wird kein Kriterium für die Auswahl dieser Berichte angegeben und es wird nicht geprüft, wie vergleichbar die Situation in den einzelnen Stellen ist. Es finden sich zahlreiche ungenaue Einträge darin, beispielsweise: „Pinel, Paris 23 Fälle, 11 verstorben“, „St-Petersburg, 1839: 16.015 / 5.303“, „London Hospital, 1784 -1903: 5.692 / 1.157“ und viele mehr in dieser Art.

Der bei weitem größte Einzelposten ist der Eintrag „Dicksons Tabellen: 80.437 / 16.915“. Diese Tabellen sind im Internet verfügbar,[76] zu finden ab Seite 135. Neben einigen Einträgen, die bereits in Saines Tabelle enthalten sind – die also nun doppelt gezählt werden – finden sich dort Rundschreiben der US-Armee, Krankenhausberichte und „Field reports“.

In Saines Aufstellung sind insgesamt 146.237 Patienten eingeflossen, manche mehrmals, von denen 35.698 starben, was eine Sterblichkeit von 24,4 % ergäbe.

Die Sterblichkeit unter homöopathischer Behandlung wurde ebenso ermittelt, indem sogar, so sagt Saine, alle verfügbaren Ergebnisse zwischen 1829 und 1953 zusammengefasst wurden, zusammen 36 Berichte mit 25.216 Patienten, von denen 866 verstarben, was einer Sterblichkeit von 3,4 % entspräche. Saine sagt zwar, er habe auf diese Weise ein Cherrypicking vermieden, aber es ist zumindest zweifelhaft, ob ihm dies überhaupt gelingen konnte.

Auf den ersten Blick erscheint das Vorgehen durchaus sinnvoll: Man fasse alle verfügbaren Daten zusammen, dann müssten nach dem Gesetz der großen Zahl[B 11] sich die besten Mittelwerte einstellen und man kann die Daten vergleichen. Ist das aber hier der Fall? Für die konventionelle Seite werden nur 50 Datensätze für ganz Europa und die USA in dem betreffenden Zeitraum erfasst. Bereits Dickson[76] fand 1866 zeitgenössische Daten für über 80.000 Fälle, was darauf hindeutet, dass es bis 1925 wesentlich mehr Daten gegeben haben muss als die knapp 150.000 Fälle bei Saine. Wenn nicht durch geeignete Maßnahmen dafür gesorgt worden ist, dass diese Auswahl repräsentativ für das gesamte Geschehen ist, dann kann aus dem Vergleich keine Schlussfolgerung gezogen werden. Die Kriterien zur Auswahl der Daten sind jedoch nicht beschrieben.

Auf der anderen Seite stehen die Angaben der Homöopathen, aber in wesentlich geringerer Zahl. Auch wenn Saine alle verfügbaren Daten gesammelt hat: damit ist kein Publikationsbias ausgeglichen. Im Gegensatz zu den Zahlen der konventionellen Therapie, die zum großen Teil offensichtlich turnusmäßigen amtlichen Berichten entnommen sind, stammen die Homöopathie-Zahlen aus Meldungen der Therapeuten und Krankenhäuser selbst. Dabei hat die Homöopathie schon immer unter einem Rechtfertigungsdruck gestanden, sich mit guten Ergebnissen als die bessere Medizin zu etablieren.

Dies ist natürlich nicht belegbar, aber Bradford[20] nennt ebenfalls Daten für die Pneumonie. Gleich der erste Datensatz (S. 23) zeigt für die konventionelle Medizin eine Sterblichkeit von 10,5 % – das wäre das drittbeste Ergebnis in Saines Tabelle. Für die Homöopathie werden 8 % genannt, das wäre das drittschlechteste in dieser Kategorie. Beide Angaben, obwohl sie schon von 1842 stammen und bei Bradford aufgeführt werden, finden sich bei Saine nicht.

Auf keinen Fall handelt es sich hier um ein wissenschaftlich valides Vorgehen. Durch einfaches Aufsummieren der Zahlen, ohne deren Grundlagen zu betrachten, können ganz erhebliche Verzerrungen entstanden sein.

Dies zeigt sich recht deutlich, wenn die Behauptung aufgestellt wird, dass die Homöopathie im 19. Jahrhundert bessere Ergebnisse erbracht haben soll als die heutige Therapie mit Antibiotika. Man wird sich dann nicht nur fragen müssen, ob ein Publikationsbias vorliegen könnte, sondern ob überhaupt die „Lungenentzündung“, so wie von den Homöopathen diagnostiziert, das gleiche ist wie das, was heute darunter verstanden wird. So wird in keiner der angegebenen Quellen nach der Schwere der Krankheit oder nach der Art der Infektion differenziert, was für die sich ergebende Summen-Sterblichkeit von großer Bedeutung wäre.

Die von Saine zitierte Letalität für die aktuelle, auf Antibiotika basierende Therapie von 13,7 % stammt aus einer Meta-Analyse aus dem Jahr 1995, und man kann fragen, warum Saine nicht eine neuere Quelle benutzt hat, etwa die Meta-Analyse von Tansarli et al. aus dem Jahr 2018. Dort werden je nach Behandlungsregime Letalitäten von lediglich 2,4 und 5,2 % genannt.[77]

Frühe Behandlung besonders erfolgreich?

Stefanie Jahn[71] schreibt in ihrem zur Spanischen Grippe mit der Berlin-Brandenburger Regionalorganistation des DZVhÄ geführten Interview:

Selbstverständlich macht es einen Unterschied, ob Homöopathen Leicht- oder Schwererkrankte behandelten oder ob sie präventiv tätig waren. Die Daten weisen darauf hin, dass, je früher mit einer homöopathischen Behandlung begonnen wurde, sie umso erfolgreicher war.[71]

Dies ist ein Anspruch, der oft im Zusammenhang mit den unterstellten Erfolgen der Homöopathie bei Epidemien erhoben wird. Hierbei kann es sich aber um einen Trugschluss handeln: Je früher die Prophylaxe oder Therapie beginnt, desto höher wird der Anteil der Patienten sein, bei denen ohnehin keine schweren Verläufe aufgetreten wären, völlig unabhängig von einem Einfluss einer Behandlung. Schließlich geht man in diesem Fall zu einem Zeitpunkt zum Arzt, in dem der eigene zu erwartende Verlauf unbekannt ist. Diesen Effekt von einem möglichen Erfolg des frühen Behandlungsbeginns zu unterscheiden, dürfte nur sehr schwierig möglich sein. Eine entsprechende Untersuchung ist derzeit nicht bekannt.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend zeigt sich, dass praktisch in keinem Fall hinreichende Angaben vorliegen, um das Ergebnis der Behandlungen einem Heileffekt der Homöopathie als Ursache zuordnen zu können:

  • Durchwegs gibt es keine Vergleichsgruppe, die die gleiche Ausgangssituation und die gleichen Randbedingungen aufwies.
  • Es liegen kaum Angaben darüber vor, wie die Diagnose gestellt wurde, weswegen die Treffsicherheit nur schwer zu beurteilen ist.
  • Aus den Angaben ist zumeist nicht erkennbar, wie schwer die Patienten erkrankt waren, was die Vergleichbarkeit zu statistischen Angaben erheblich einschränkt.
  • Ähnliches gilt für die Rahmenbedingungen der Patienten, die den Erfolg der Therapie beeinflussen könnten, der zudem nur in der Letalität erfasst wird.
  • Der Therapieerfolg wird ausschließlich in der Überlebensrate gesehen, die aber ganz erheblich von den persönlichen Bedingungen der Patienten abhängig ist (Alter, Geschlecht, Ernährungszustand, Vorerkrankungen etc.). Angaben hierzu fehlen völlig.
  • Aus dem gleichen Grund ist offen, ob parallel zur Homöopathie noch andere therapeutische oder pflegerische Maßnahmen zum Einsatz kamen, die unter einem konventionellen Behandlungsregime anders gehandhabt wurden, beispielsweise Trinkverbot und Hygienemaßnahmen.
  • Es handelt sich nicht um systematischen Datenerhebungen. Die vorliegenden Berichte können daher durch Cherrypicking und Publikationsbias ganz erheblich von der Gesamtsituation abweichen.

Der wesentliche Fehler bei der Betrachtung der dargestellten Epidemien ist jedoch die fehlende Vergleichbarkeit mit der heutigen Situation: Die präsentierten Vergleiche beziehen sich ausschließlich auf Zeitpunkte, zu denen die konventionelle Medizin nur wenige Ansatzpunkte für eine ursachenbezogene Therapie kannte. Demzufolge hat man mittels Versuch und Irrtum nach geeigneten Vorgehensweisen gesucht, was naturgemäß eher den Irrtum zur Folge hatte und damit oft kontraproduktiv war. Der relative Erfolg der Homöopathie beruht sicher in großem Umfang darauf, dass man diese Fehlbehandlungen eben nicht durchgeführt hat.

Heute aber ist die Situation wesentlich verändert. Zu allen hier aufgeführten Krankheitsbildern verfügt die heutige Evidenzbasierte Medizin über wirksame Behandlungsverfahren oder effektive Möglichkeiten der Vorbeugung von Infektionen durch Impfen.

Die Schlussfolgerung von André Saine in [N-3][3][4], dass die Homöopathie die bei Epidemien und Seuchen bevorzugt einzusetzende Therapieoption sein müsse, wäre durchaus zutreffend, wenn er damit nicht die Lehre selbst, sondern die ausführlich dargestellten vorteilhafteren Begleitumstände meint, und auch das nur, wenn die Medizin heute noch die gleiche wäre wie vor einhundertfünfzig oder zweihundert Jahren und seither keinerlei Fortschritte in der Prävention bzw. Therapie von Infektionskrankheiten zu verzeichnen wären. Dies ist aber nicht der Fall.



Quellen- und Literaturangaben
  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 ] Walach H.: „Homöopathie und epidemische Erkrankungen“, Blogbeitrag auf www.homöopathie-forschung.info; Link zum zweiten Teil am unteren Seitenrand (Link zu Teil 1, aufgerufen am 9. August 2020)
  2. Studienübersicht des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) zur homöopathischen Behandlung von Epidemien (Link zum Webarchiv, aufgerufen am 9. August 2020)
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8 Saine A.: „Homeopathy in Times of Epidemics: A Brief Overview“, im Rahmen des COVID-19 Webinars „The Homeopathic Treatment of thePatient with COVID-19“ des American Institute of Homeopathy, 18. März 2020 (Link zu YouTube, aufgerufen am 9. August 2020). Vortrag im Video: Min. 07:20 ─ 28:03
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 Niederschrift der Veranstaltung „COVID-19 Webinar“; der Vortrag von Saine [N-3] findet sich auf Seine 4 bis 14 (PDF, aufgerufen am 9. August 2020)
  5. 5,0 5,1 Saine A.: „Dr. Saine's response: Best Clinical Evidence Pt.1 - Pt.4“, Diskussionsbeiträge auf der Webseite der Canadian Academy of Homeopathy vom 20.05.2013 (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  6. 6,0 6,1 Rohrer A.: „Epidemie und Homöopathie: Geschichte, dokumentierte Erfahrungen, Prophylaxe, Heilmittel bei schweren Verläufen akut-epidemischer Erkrankungen“, Manuskript zum Vortrag auf der 158. Jahrestagung des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte 2008 in Bamberg (PDF, aufgerufen am 9. August 2020)
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 Winston J.: „Treatment of Epidemics with Homeopathy ─ A History“, Webseite des Naticonal Center for Homeopathy (Link zum Webarchiv, aufgerufen am 9. August 2020)
  8. Der Text von Julian Winston [N-6] findet sich unter dem Titel „Some history of the treatment of epidemics with Homeopathy – Julian Winston“ auch auf der Webseite der „Academy for Homeopathic Studies“ (Link, aufgerufen am 7. September 2020)
  9. 9,0 9,1 9,2 Van der Zee H.: „The future of homeopathy, homeopathy for epidemics, collective traume and endemic diseases“, Webseite interhomeopathy.org, April 2009, (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  10. 10,0 10,1 Cochrane Handbook for Systematic Reviews of Interventions (PDF, aufgerufen am 9. August 2020)
  11. 11,0 11,1 Neidhard C: „Diphteria, as it prevailed in the united States from 1860 to 1866, its nature and homeopathic treatment“, New York, 1867 (Link zum Volltext, aufgerufen am 9. August 2020)
  12. Arikel zur Cholera auf doccheck.com (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  13. Artikel „Cholera, eine tödliche, aber gut behandelbare Krankheit“; Webseite der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“, aktualisierte Fassung 08/2018 (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  14. 14,0 14,1 14,2 Goltz D.: „‚Das ist eine fatale Geschichte für unseren medizinischen Verstand.‘ Pathogenese und Therapie der Cholera um 1830“; Medizinhistorisches Journal 1998, 33, (3/4) 211 – 244 (Link, Login erforderlich, aufgerufen am 9. August 2020)
  15. Schlagberger A.: „Die Vorstellungen und das Wissen von der Wirkungsweise des Choleraerregers Vibrio cholerae im Wandel der Zeit.“ Dissertation LMU München, 2009. (PDF, aufgerufen am 9. August 2020)
  16. Hahnemanns S.: „Die Heilung der asiatischen Cholera und das sicherste Schutzmittel gegen diese“, Muenster 1831
  17. Dr. Samuel Hahnemann: „Sendschreiben über die Heilung der Cholera und die Sicherung vor Ansteckung am Krankenbette (1831)“
  18. Jütte R.: „Homöopathen machten den ersten Doppelblindversuch“; Interview mit der ÄrzteZeitung, veröffentlicht 08. April 2005 (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  19. Haehl R.: „Samuel Hahnemann, sein Leben und Schaffen; BAND 1“, Nachdruck der Originalausgabe von 1822, Severus Verlag Hamburg, 2014, S. 193f, ISBN: 978-3958010079
  20. 20,00 20,01 20,02 20,03 20,04 20,05 20,06 20,07 20,08 20,09 20,10 20,11 20,12 20,13 Bradford DL: The Logic of Figures or Comparative Results of Homoeopathic and O ther Treatments, Boericke und Taflel, Philadelphia 1900 (Link zum Volltext, aufgerufen am 9. August 2020)
  21. Barrett BF.: Letter to Dr. C. Hering, Quarterly Homeopathic Journal (1849); 1:547-552 und Plute, Ehrmann: Letter to the Times, Quarterly Homeopathic Journal (1849); 1:552-553 (Link, aufgerufen am 9. August 2020)
  22. 22,0 22,1 Leary B: „The homoepathic management of cholera in the nineteenty century with special reference to the epidemic in London, 1854.“, Medizin, Gesellschaft, und Geschichte : Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung. 1997 ;16:125-144.
  23. Gaucher C, Jeulin D, Peycru P, Pla A, Amengual C: „Cholera and homoeopathic medicine, The Peruvian experience“, British Homeopathic Journal 82 (1993); pp. 155-163 (Link zum Abstract, aufgerufen am 9. August 2020)
  24. Gaucher C, Jeulin D, Peycru P, Amengual C: „A double blind randomized placebo controlled study of cholera treatment with highly diluted and succussed solutions“, British Homeopathic Journal 83 (1994) 3: pp. 132-134 (Link zum Abstract, aufgerufen am 9. August 2020)
  25. 25,0 25,1 RKI-Ratgeber Gelbfieber; Webseite des Robert Koch Instituts zum Gelbfieber (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  26. Dauer CC, Carrera GM.: „Carlos Finlay's Contribution to the Epidemiology of Yellow Fever“, Yale Journal of Biology and Medicine (1937); 9(6):584-1 (PDF, aufgerufen am 10. August 2020)
  27. Frierson JG.: „The Yellow Fever Vaccine: A History“; Yale Journal of Biological medicine (2010); 83(2), PMC2892770 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  28. Bhatia M.: „Homeopathic Medicine for Yellow Fever“; Beitrag vom 31. August 2009 auf hpathy.com (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  29. Holcombe WH: „Yellow Fever and its homoeopathic treatment“, New York, Philadelphia und Boston, 1856 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  30. 30,0 30,1 Hardenstein E.: „The Epidemic of 1878 and ist Homeopathic Treatment“, New Orleans 1879 (Link zum Volltext, aufgerufen am 10. August 2020)
  31. 31,0 31,1 Matzik S.: Diphtherie, auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  32. Enke U.: 125 Jahre Diphtherieheilserum: „Das Behring'sche Gold“; Dtsch. Ärztebl 2015; A-2088 / B-1722 / C 1667 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  33. Brown TL: „Comparative Mortality Statistics, showing the Success of Homeopathic System of Practice“, Transactions of the Homeopathic Medical Society of the State of New York for the year 1865: 149-150, (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  34. 34,0 34,1 Saine A: „The American School of Homeopathy and the International Hahnemannian Association: The High Point of Homeopathy, Part 1“, Liga News 2015; No. 15 (Aug.) 14-17 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  35. Hering C.: „Report on Cases of Diphtheria“, The Amrican Institute of Homeopathy (Hrsg.): Transactions of the seventeenth session of the Amrican Institute of Homeopathy held in Phioladelphia 1860. (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  36. Schwarz R, Feichter M: „Scharlach“auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  37. Kinderkrankheiten: „Scharlach ─ Wie gefährlich ist er noch?“ auf cleankids.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  38. Schütz F.: E„pidemiologie des Scharlachs“, Medizinische Welt 1/1929 S. 3, zitiert nach Ranft, A.: „Exanthematische Infektionskrankheiten des Kindesalters zu Beginn des 20. Jahrhunderts und heute: Scharlach, Toxic Shock Syndrome, Toxic Shock-Like Syndrome und Kawasaki Disease“, Dissertation TU München 2000. (PDF, aufgerufen am 10. August 2020)
  39. Scharlach ─ Guide; Artikel auf der Webseite Green Art Lab Alliance vom 14. November 2019 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  40. 40,0 40,1 Hahnemann S.: „Heilung und Verhütung des Scharlach-Fiebers und Purpurfriesels“, München 1844 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  41. Haehl R.: „Samuel Hahnemann, sein Leben und Schaffen; BAND 1“, Nachdruck der Originalausgabe von 1822, Severus Verlag Hamburg, 2014, S. 68/69, ISBN: 978-3958010079
  42. Chalmers I, Thoth B.: „Nineteenth-century controlled trials to test whether belladonna prevents scarlet fever“, Journal of the Royal Society of Medicine (200); 102(12): 549-550 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  43. Facebook-Account des American Institute of Homeopathy (AIH) (Link zu Facebook, aufgerufen am 10. August 2020)
  44. Transactions of the American Medical Association 1852; 5:312 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  45. Rolleston JD: „The history of scarlet fever“, British medical journal. 1928 Nov 24;2(3542):926. (PDF, aufgerufen am 10. August 2020)
  46. 46,0 46,1 46,2 Müller M, Schrör S: „Fleckfieber“ auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  47. Sommer S.: „Homöopathie – warum und wie sie wirkt“, Mankau-Verlag, Murnau, 2011., ISBN: 978-3938396735
  48. Kremling H: „Betrachtungen zur präventiven Heilkunde“, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 24, 2005, S. 222–260, hier: S. 231
  49. 49,0 49,1 49,2 Hahnemann S.: „Heilart des jetzt herrschenden Nerven- oder Spitalfiebers“, Allgemeiner Anzeiger Nr. 6, Jahrg. 1814, zitiert nach Stapf E (Hrsg.): „Kleine Medizinische Schriften von Samuel Hahnemann“. Dresden und Leipzig, Arnold 1829, Band 2, S. 155 ff (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  50. Müller I: „Typhus“ auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  51. Hahneman S.: „Reine Arzneimittellehre, 2. Theil, Dritte Auflage“, Dresden und Leipzig 1833, S. 358 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  52. Liste der bei der Robert Bosch Stiftung, Institut für Geschichte der Medizin, erschienenen Krankenjournale Hahnemanns (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  53. Matzik S.: „Pocken“ auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  54. „List of epidemics“ auf der englischsprachigen Wikipedia (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  55. Barquet N, Domingo P: „Smallpox: The Triumph over the Most Terrible of the Ministers of Death“, Annals of Internal Medicine (1997); 127(8):635-642 (PDF, aufgerufen am 10. August)
  56. 56,0 56,1 Eaton CW.: „The Facts about Variolinum“, American Institute of Homeopathy (hrsg.): Transactions of the sixty third session, june 11-22, 1907, p547-567 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  57. „History of smallpox“ auf der englischsprachigen Wikipedia (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  58. 58,0 58,1 58,2 58,3 58,4 Taubenberger JK, Morens DM: „1918 Influenza: the Mother of All Pandemics“, EID Journal (2006); 12(1):15-22 (Link, aufgerufen am 10. August 2020), doi:doi: 10.3201/eid1201.050979
  59. 59,0 59,1 Dewey, W. A.: „Homeopathy in influenza: a chorus of fifty in harmony.“, J Am Inst Homeopath 11 (1921): 1038-1043 (PDF, aufgerufen am 10. August 2020)
  60. Marino R.: „Flu Pandemics: homeopathic prophylaxis and definition of the epidemic genius“, Indian Journnal of Research in Homeopathy (2012); 6(1):47-52 (PDF, aufgerufen am 10. August 2020)
  61. Grimes M.: „Improtant for Swine-Flu Epidemic: Homeopathy Successfully Treated Flu Epidemic of 1918“; Beitrag vom 28. April 2009 auf NaturalNews.com (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  62. David Gorski: „Google delists Mike Adams’ Natural News website. Was it because of fake news?“ auf dem Wissenschaftsblog sciencebasedmedicine (Link, aufgerufen am 7. September 2020)
  63. Einschätzung von NaturalNews.com auf der Webseite Media Bias/Fact Check (Link, aufgerufen am 7. September 2020)
  64. Fisher CE (Hrsg.): „The Journal of the American Institute of Homeopathy (1921)“, 13(11): 1013-1106 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  65. Robertson K.: „The Spanish Flu Comes to Ohio“; Artikel auf der Webseite der Ohio History Connection (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  66. Cleveland, Ohio; Influenza Encyclopedia ─ The American Influenza Epidemic of 1918 ─ 1919; (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  67. Cincinnati, Ohio; Influenza Encyclopedia ─ The American Influenza Epidemic of 1918 ─ 1919; (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  68. Columbus, Ohio; Influenza Encyclopedia ─ The American Influenza Epidemic of 1918 ─ 1919; (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  69. Jahn, Stefanie: „Die Grippe nach dem Ersten Weltkrieg und die Homöopathie im internationalen Vergleich“, Diss. med. (2014)
  70. Jahn, S.: „The flu epidemic after World War I and homeopathy--an international comparison“, Medizin, Gesellschaft, und Geschichte: Jahrbuch des Instituts fur Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung 32 (2014): 231-272. (Link zum Abstract, aufgerufen am 10. August 2020)
  71. 71,0 71,1 71,2 71,3 Jahn S.: „Die Spanische Grippe, Covid-19 und die Homöopathie ─ eine Bewertung“; Webseite der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg des DZVhÄ (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  72. Seidel M.: „Polio“ Eintrag auf NetDoktor.de (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  73. Smallman-Raynor MR, Cliff AD et al.: „A World geography ─ Poliomyelitis“, Oxford University Press, 2006, S. 632, ISBN: 978-0199244744
  74. Haulmann DL: „Argentinian Polio Epidemic; Bericht über den Einsatz der US air Force zum Transport von Hilfsgütern“ (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  75. Lungenentzündung, Webseite der Lungenärzte im Netz (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  76. 76,0 76,1 Dickson SH.: „Pneumonia; Studies in Pathology and Therapeutics“, New York 1867 (Link, aufgerufen am 10. August 2020)
  77. Tansarli GS, Mylonakis E: „Systematic Review and Meta-analysis of the efficacy of Short Course Antibiotic Treatments for Community-Acquired Pneumonia in Adults“, Antimicrobial agents and chemotherapy I(2018); 62(9) (Link, aufgerufen am 10. August 2020)


Anmerkungen und Originalzitate
  1. Ätiologie ist die Lehre von den Krankheitsursachen.
  2. Pathogenese ist die Lehre von der Entstehung von Krankheiten und den krankhaften Abläufen.
  3. Originalzitat Neidhard C: „Diphteria“, S. 101: Dr. Bretonneau. Abundant general and local bloodletting, emetics, blisters, and mustard pediluvia were prescribed without success in this dangerous disease. Of twenty-one individuals attacked only three escaped death. The mercurial treatment, subsequently followed by him, was of no better avail. Large doses of Calomel were in some cases successful.
  4. Letalität: Anteil der an der Krankheit sterbenden Patienten an der Zahl der Erkrankten. Im Gegensatz dazu Mortalität: Anzahl der an einer Krankheit sterbenden Patienten an der Gesamtbevölkerung.
  5. Anmerkung zur Cholera-Epidemie in Cincinnati 1849: Die Angabe von Saine [N-3, Min. 12:25], 2.646 Fälle, kann aus den zitierten Quellen nicht nachvollzogen werden.
  6. Ergänzender Hinweis: Die Abhandlung von Leary gibt einige interessante Einblicke in die Lebensbedingungen schnell gewachsener Großstädte um die Mitte des 19. Jahrhunderts, etwa zur Wasserversorgung und -qualität, zum Umgang mit Unrat aller Art und Abfällen sowie zur Wohn und Hygienesituation allgemein – die aus heutiger Sicht unvorstellbar waren.
  7. Homéopathes Sans Frontières – Homöopathen ohne Grenzen ist eine Vereinigung von Homöopathen, deren Ziel es ist, klassische Homöopathie als medizinische Hilfe in Krisengebieten einzusetzen. Dabei sollen vor allem die lokalen Therapeuten und Pfleger in der klassichen Homöopathie ausgebildet werden. Der Name lehnt sich an die hoch angesehene Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ an, hat aber mit dieser Organisation keinerlei Anknüpfungspunkte.
  8. Rehydrierung: Ersatz des Flüssigkeits- und Elektrolytverlusts.
  9. Als Publikationsbias (Englisch publication bias) oder Schubladenproblem wird der Effekt bezeichnet, dass Studien mit negativem Ergebnis eher nicht veröffentlicht werden („in der Schublade“ verbleiben) als solche mit positiven Resultaten. Dies hat zur Folge, dass die veröffentlichten Arbeiten in Summe ein zu positives Bild ergeben.
  10. Anmerkung: Die Ausführungen von Hardenstein geben ein sehr interessantes Bild, wie die Ärzteschaft, auch die der zeitgenössischen konventionellen Medizin, versucht, die Vorgänge zu interpretieren und Maßnahmen zur Verhinderung bzw. zur besseren Behandlung abzuleiten. Sehr gründlich wird aufgelistet, welche Schwachstellen man vermutet (Toiletten, Abwassersystem, Viehställe …), und man versucht anhand eingehender statistischer Analysen die Wirksamkeit diverser Maßnahmen zu bewerten. Hat die Desinfektion etwas gebracht? Oder die Quarantäne? Was bedeutet die unterschiedliche Sterblichkeit von Männern und Frauen? Hängt die Sterblichkeit von der Temperatur ab? Die Ergebnisse ergeben einen langen Bericht mit einer Liste von Empfehlungen für die Zukunft.
  11. Gesetz der großen Zahl: Je höher die Anzahl unabhängiger Proben, desto besser nähert sich deren Mittelwert dem wahren Mittelwert an; siehe hierzu: Eintrag „Gesetz der großen Zahlen“ auf matheguru.com (Link, aufgerufen am 11. September 2020).