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Oft gehörte Argumente - Verweise auf konkrete Studien und Experimente
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Die weiteren Ergebnisse der letzten 18 Jahre haben Linde sogar zu noch vorsichtigeren Einschätzungen der Homöopathie gebracht. Bereits seine zweite Arbeit zum Thema 1998<ref name="Linde1998"></ref> fällt deutlich weniger positiv aus: Im Ergebnis heißt es hier: | Die weiteren Ergebnisse der letzten 18 Jahre haben Linde sogar zu noch vorsichtigeren Einschätzungen der Homöopathie gebracht. Bereits seine zweite Arbeit zum Thema 1998<ref name="Linde1998"></ref> fällt deutlich weniger positiv aus: Im Ergebnis heißt es hier: | ||
<blockquote>Die Ergebnisse legen eine Placeboüberlegenheit individualisierter Homöopathie über Placebo nahe. Die Beleglage ist jedoch nicht überzeugend, aufgrund methodischer Schwächen und Inkonsistenzen.<ref group="B">Originalzitat: "The results of the available randomized trials suggest that individualized homeopathy has an effect over placebo. The evidence, however, is not convincing because of methodological shortcomings and inconsistencies." </ref></blockquote> | <blockquote>Die Ergebnisse legen eine Placeboüberlegenheit individualisierter Homöopathie über Placebo nahe. Die Beleglage ist jedoch nicht überzeugend, aufgrund methodischer Schwächen und Inkonsistenzen.<ref group="B">Originalzitat: "The results of the available randomized trials suggest that individualized homeopathy has an effect over placebo. The evidence, however, is not convincing because of methodological shortcomings and inconsistencies." </ref></blockquote> | ||
− | Tatsächlich verschwanden bereits in dieser Übersichtsarbeit die Effekte zugunsten der Homöopathie völlig, sobald Linde sich auf die hochwertigen Arbeiten beschränkte: <blockquote>In den 19 placebokontrollierten Studien, die ausreichend Daten für eine Metaanalyse beinhalteten, war individualisierte Homöopathie signifikant wirksamer als Placebo (...), doch als die Analyse auf die methodisch besten Studien beschränkt wurde, war kein signifikanter Effekt mehr sichtbar. <ref group=B">Originalzitat: "In the 19 placebo-controlled trials providing sufficient data for meta-analysis, individualized homeopathy was significantly more effective than placebo (pooled rate ratio 1.62, 95% confidence interval 1.17 to 2.23), but when the analysis was restricted to the methodologically best trials no significant effect was seen."</ref> | + | Tatsächlich verschwanden bereits in dieser Übersichtsarbeit die Effekte zugunsten der Homöopathie völlig, sobald Linde sich auf die hochwertigen Arbeiten beschränkte: <blockquote>In den 19 placebokontrollierten Studien, die ausreichend Daten für eine Metaanalyse beinhalteten, war individualisierte Homöopathie signifikant wirksamer als Placebo (...), doch als die Analyse auf die methodisch besten Studien beschränkt wurde, war kein signifikanter Effekt mehr sichtbar. <ref group="B">Originalzitat: "In the 19 placebo-controlled trials providing sufficient data for meta-analysis, individualized homeopathy was significantly more effective than placebo (pooled rate ratio 1.62, 95% confidence interval 1.17 to 2.23), but when the analysis was restricted to the methodologically best trials no significant effect was seen."</ref> |
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Version vom 24. April 2019, 01:28 Uhr
Weder ist eine gezielte Wirksamkeit teils vollkommen wirkstofffreier Homöopathika nach den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu erwarten, noch lässt sich eine Überlegenheit über Placebo stabil und reproduzierbar nachweisen.[1][2][3] Naturwissenschaftliche Theorie und praktische Überprüfung in klinischen Studien ergänzen sich zu einem stimmigen Gesamtbild.
Dem gegenüber finden sich auf den Webseiten von Homöopathen und homöopathischen Verbänden immer wieder Einwände gegen diese Erkenntnis. Diese Aussagen werden nicht nur dort direkt an die Patienten herangetragen, sondern auch häufig in Pressemitteilungen, Fernsehberichten oder Zeitschriftenartikeln verbreitet. Entsprechend oft werden sie in Diskussionen auch von Laien benutzt. Da man ihnen immer wieder begegnet, lohnt sich für den Patienten ein genauer Blick auf diese Aussagen, ihr Zutreffen und ihre tatsächliche Aussagekraft.
Die häufig vorgebrachten Einwände zugunsten der Homöopathie lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen, die hier in mehreren Artikeln behandelt werden:
- Es wird mit persönlich erlebten Genesungen argumentiert oder mit der Beliebtheit der Homöopathie.
- Der Placebocharakter der Homöopathika wird aufgrund zumeist unzutreffender, aber weitverbreiterter Vorstellungen über den Placebo-Effekt angezweifelt.
- Die Aussagekraft und Seriosität klinischer Studien wird allgemein oder zumindest in Bezug auf die Homöopathie angezweifelt.
- Es wird auf einzelne Arbeiten verwiesen, in denen sich Effekte der Homöopathie über Placebo-Effekte hinaus ergaben.
- Wissenschaftliches Arbeiten wird insgesamt als dogmatisch oder unzuverlässig dargestellt.
In diesem Artikel wird die vierte Kategorie betrachtet, also Hinweise auf einzelne, für die Homöopathie positiv verlaufene Studien und Experimente. Mit den anderen Kategorien beschäftigen sich die anderen verlinkten Teilartikel.
Inhaltsverzeichnis
- 1 ADHS-Studie von Heiner Frei
- 2 Wasserlinsenexperimente von Stephan Baumgartner
- 3 Sepsisstudie von Michael Frass
- 4 COPD-Studie von Michael Frass
- 5 Krebsstudie von Matthias Rostock
- 6 Aufsatz von Robert Hahn
- 7 Systematischer Review von Klaus Linde 1997
- 8 Systematischer Review von Robert Mathie 2014
- 9 Metaanalyse von Shang und Egger 2005
Es gibt eine Reihe von Studien zur Homöopathie, in denen sich tatsächlich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen ergeben. Diese Arbeiten werden oft als unzweifelhafter Nachweis einer Überlegenheit über Placebo dargestellt, obwohl das einzelne Ergebnisse gar nicht leisten können, auch wenn sie „statistisch signifikant“ sind. Signifikante Ergebnisse sind wie alle Studienergebnisse statistische Aussagen, die auch aufgrund anderer oder zufälliger Begleitumstände zustande kommen können. Wenn ein Verfahren aufgrund anderer, unabhängiger Vorabinformationen (wie zum Beispiel naturwissenschaftlicher Unplausibilität[4] oder innerer Widersprüche) mit äußerster Skepsis zu betrachten ist, dann sind auch nach einzelnen positiven Studienergebnissen starke Zweifel an der Wirksamkeit trotzdem weiterhin gerechtfertigt.[5]
⇒ Siehe auch Hauptartikel Statistische Signifikanz
⇒ Siehe auch Hauptartikel Bayes-Formel
Die hier angeführte Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern benennt lediglich beispielhaft einige Arbeiten, denen man in der Literatur zur Homöopathie oft begegnet.
Erwähnte Studie | Kurze Beschreibung |
ADHS-Studie von Heiner Frei |
Die in Verbindung mit der Universität Bern von Heiner Frei et al. durchgeführte Studie begleitet Kinder mit der Diagnose ADHS[B 1] über einen Zeitraum von 1,5 Jahren. In einer späteren Folgestudie wird der Beobachtungszeitraum auf über 8 Jahre ausgedehnt. Die Arbeit wird sehr oft unter dem Hinweis auf den „Goldstandard für Studien“[B 2] zitiert. Dieser bedeutet, dass eine Arbeit randomisiert, verblindet und placebo-kontrolliert durchgeführt wird und eine entsprechende Aussagekraft zur Frage besitzt, ob die eingesetzten Arzneien Placebos überlegen sind.
In den Berichten über die Arbeit bleibt in aller Regel unerwähnt, dass die Studie keineswegs über den gesamten Studienzeitraum von 1,5 Jahren Goldstandard hat. Randomisiert, verblindet und placebo-kontrolliert war lediglich eine kurze Crossover-Phase[B 3] von insgesamt zwölf Wochen. In dieser Phase waren die Kinder in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhielt in den ersten sechs Wochen weiter Homöopathika, die zweite Placebo. In den zweiten sechs Wochen der Crossover-Phase war es genau anders herum. Obwohl also nur diese kurze Phase die Bezeichnung „Goldstandard“ verdient, werden die Ergebnisse aus dieser Phase nur in der englischen Originalausgabe wiedergegeben[6] und erscheinen in der häufig zitierten deutschen Version der Arbeit nur sehr verkürzt. In dieser verblindeten Phase ist die Einschätzung der Symptome durch die Eltern nur sehr schwach signifikant. Vor allem zeigt aber der Verlauf der Kurven während der Crossover-Phase eher den Verlauf, den man erhalten würde, wenn sich die Substanzen nicht von Placebo unterscheiden. Diese der Überlegenheit gegenüber Placebo widersprechende Graphik[B 4] fehlt in der deutschen Ausgabe der Arbeit[7] und wird in späteren Veröffentlichungen stark verändert wiedergegeben.[8] Als Ergebnis zitiert werden meist die Verbesserungen im Verhalten der Kinder, die sich über die gesamte Studienlaufzeit ergaben. Diese Werte können naturgemäß nichts über eine Wirksamkeit der Homöopathika aussagen, da es sich außerhalb der Crossover-Phase um eine reine Verlaufsstudie handelt und deshalb in diese Verbesserungen alle denkbaren Behandlungs- und Kontexteffekte miteinfließen. Das gilt besonders für die angeschlossene Langzeitstudie, in der es gar keinen Placebo-Vergleich gibt. Unerwähnt bleibt in den Zitaten der Studie auch oft, dass es andere Arbeiten zum Thema gibt, die keine signifikanten Effekte von Homöopathika bei ADHS finden. Eine Übersichtsarbeit des Cochrane Instituts[9] aus dem Jahr 2007[10] findet insgesamt keine Belege einer Wirksamkeit homöopathischer Behandlung bei ADHS.[B 5] ⇒ Siehe auch Hauptartikel Studiendesign |
Wasserlinsenexperimente von Stephan Baumgartner |
Stephan Baumgartner hat mit verschiedenen Mitarbeitern die Effekte homöopathischer Hochpotenzen untersucht. Besonders seine Experimente an Wasserlinsen werden in verschiedenen Fernsehbeiträgen über die Homöopathie erwähnt.
In diesen Experimenten werden Wasserlinsen (in anderen Arbeiten auch Weizenkeime) zunächst vorgeschädigt (meist mit Arsen oder Gibberellinsäure). Anschließend wird das Wachstum der Keimlinge beobachtet. Ein Teil der Pflänzchen wächst dabei in Wasser, dem eine homöopathische Hochpotenz zugesetzt ist, ein Teil (Vergleichsgruppe) wächst in reinem (verschüttelten) Wasser. Es wird darüber berichtet, dass sich zwischen den Gruppen signifikante (wenn auch kleine) Wachstumsunterschiede zeigten. In den Berichten bleibt in aller Regel unerwähnt, dass diese Effekte nicht stabil reproduzierbar sind. In Wiederholungen der Experimente bleiben die Unterschiede aus oder die Effekte gehen in eine andere Richtung, was ein Hinweis auf zufällige natürliche Schwankungen ist.[11][B 6][12][B 7] |
Sepsisstudie von Michael Frass |
Die Sepsisstudie[13][B 8] von Michael Frass et al. wird oft zitiert, wenn dargestellt werden soll, Homöopathie helfe auch bei lebensbedrohlichen Erkrankungen. In den zahlreichen Pressemeldungen unerwähnt bleibt in aller Regel, dass die Arbeit von Wissenschaftlern aufgrund zahlreicher methodischer Mängel heftig kritisiert wird.
Insgesamt 70 durch andere schwere Erkrankungen, darunter Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbelastete Patienten werden in dieser randomisierten, verblindeten und placebo-kontrollierten Studie während der Tage, die sie auf der Intensivstation verbringen, (zusätzlich) entweder mit Placebo oder mit individuell verordneten Homöopathika behandelt. Auswertekriterium ist das Überleben der Patienten. Nach 30 Tagen ergibt sich zwischen den Gruppen kein signifikanter Unterschied, nach sechs Monaten sind in der Placebogruppe acht Patienten mehr verstorben, was eine knappe statistische Signifikanz ergibt. Die Vergleichbarkeit der Patientengruppen wird allein über die Einlieferungsdaten in die Intensivstation dokumentiert. Die darin enthaltenen APACHE II-Werte[B 9] können allein als Anhaltspunkt für die intensivmedizinische Betreuung der ersten Stunden und Tage gelten und sagen nichts aus über die Überlebenschancen eines Patienten über den Zeitraum von Monaten, denn die Schwere der Grunderkrankung, an der die Patienten leiden, wird nicht angegeben. In der Arbeit fehlen also jedwede Angaben, die einen Zusammenhang zwischen der behandelten Sepsis und dem Versterben der Patienten ein halbes Jahr nach der Behandlung herstellen würden.[14][15] Selbst die die Homöopathie fördernde Carstens-Stiftung beschreibt die Studie als aus medizinischer Sicht unbefriedigend, weil Laborparameter, ein zusätzlicher konventioneller Medikamentenverbrauch oder tägliche Beurteilungen des Krankheitsverlaufs nicht erhoben wurden. Als wesentliches Versäumnis der Studie (zusätzlich vom nicht den Richtlinien entsprechenden Ausschluss dreier Patienten bei der Auswertung der Daten und dem Verwenden eines unpassenden Signifikanztests) wird genannt, dass viel zu wenig über den Krankheitsverlauf gesagt wird: Der Leser erfährt nichts über die parallel stattfindenden intensivmedizinischen Maßnahmen oder welche Komplikationen auftraten – und zwar weder in der Phase der akuten Sepsis und des Organversagens noch in der halbjährigen Langzeitbeobachtung.[16] Der Leser erfährt nicht einmal, dass oder ob die Patienten in den sechs Monaten bis zum Endpunkt der Studie in irgendeiner Behandlung waren oder warum gerade dieser Endpunkt gewählt wurde. Während die Carstens-Stiftung immerhin „das Bestreben, die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien unvoreingenommen wissenschaftlich zu evaluieren“ würdigt, wird die Arbeit von kritischeren Stimmen als schlicht „methodisch dilettantisch“ bezeichnet.[17] |
COPD-Studie von Michael Frass |
Die Studie[18] wird sehr oft zitiert unter dem Hinweis, dass die Patienten auf der Intensivstation in ein künstliches Koma versetzt waren und Placebo-Effekte somit auszuschließen seien.[B 10]
Von insgesamt 50 auf der Intensivstation künstlich beatmeten COPD-Patienten[B 11] erhielt ein Teil der Patienten homöopathisches Kaliumdichromat in der Potenz C30, die anderen Patienten Placebo. Die Studie berichtet, dass die Menge des bei den Patienten am zweiten Tag abgesaugten Sekrets in der Homöopathiegruppe signifikant geringer war als in der Vergleichsgruppe. Außerdem konnte der Beatmungsschlauch früher entfernt werden und die Patienten mussten weniger lang in der Intensivstation bleiben. Da die Patienten alle mit demselben Homöopathikum behandelt wurden, kann von der Anwendung klassischer oder individualisierter Homöopathie in dieser Arbeit nicht die Rede sein. Zudem enthält die Studie nur sehr wenig wirklich konkrete Daten über die Patienten; die angegebenen Werte sind unklar oder sogar widersprüchlich.[19][20] Beispielsweise liegt der angegebene Durchschnittswert für den Schweregrad der COPD in beiden Gruppen nur knapp über „1“, dem Wert für leichte COPD (Homöopathiegruppe: 1.08 +/- 0.4; Vergleichsgruppe 1.20 +/- 0.5). Patienten mit leichter COPD müssen in aller Regel aber noch nicht zu Hause mit Sauerstoff beatmet werden. Genau dies war aber bei nicht wenigen der 25 Patienten pro Gruppe der Fall (Homöopathiegruppe: 5 von 25; Vergleichsgruppe: 9 von 25). Die in der Studie angegebenen Werte für die vor der intensivmedizinischen Behandlung bestehende Schwere der COPD erscheinen deshalb viel zu niedrig; die fast doppelt so hohe Zahl an Patienten in der Vergleichsgruppe, die Sauerstoff benötigten, lässt insgesamt an der Vergleichbarkeit der (ohnehin kleinen) Gruppen zweifeln. Für die Bestimmung der abgesaugten Sekretmenge, die man sehr exakt mit der Tagesmenge in Millilitern angeben könnte, wählen die Autoren eine unnötig unscharfe Einteilung in drei Mengenklassen (Grad 1 = 1 bis 5 ml; Grad 2 = 6 bis 10 ml; Grad 3 = 11 bis 15 ml) und berücksichtigen zudem nicht, dass in der Homöopathiegruppe öfter abgesaugt wurde. Ob die Sekretbildung den Zeitpunkt der Entfernung des Beatmungsschlauches überhaupt beeinflusste, ist in der Arbeit nicht dargelegt, so dass nicht klar ist, inwiefern dieses Auswertekriterium überhaupt etwas mit dem Homöopathikum zu tun haben sollte. Aufgrund dieser Mängel wurde die Arbeit von Wissenschaftlern als höchst fragwürdige Studie bezeichnet, bei der es unklar ist, ob die Behandlungsgruppen wirklich vergleichbar waren.[B 12][21] In einem ebenfalls in Chest veröffentlichten „Letter to the Editor“ wurde die Empfehlung wirkstofffreier homöopathischer Hochpotenzen für lebensbedrohlich erkrankte Patienten auf der Intensivstation sogar als gefährlich kritisiert.[22] |
Krebsstudie von Matthias Rostock |
Die Studie mit Krebspatienten von Matthias Rostock et al.[23] wird mitunter als Beleg dafür vorgebracht, dass homöopathische Behandlung von Krebspatienten deren Lebensqualität verbessere. Diese Aussage ist jedoch sehr irreführend, denn selbst die Autoren der Arbeit schreiben in der Studie, dass die erhobenen Daten diese Schlussfolgerung nicht hergeben.[24][25]
In dieser Arbeit sollte die Lebensqualität von medizinisch behandelten mit der von homöopathisch behandelten Krebspatienten verglichen werden. Die Studie beruht auf dem Matched Pair-Verfahren. Dabei werden aus den beiden unterschiedlich behandelten Patientengruppen „Zwillingspaare“ gebildet, bei denen sich die Partner zwar in ihrer Zugehörigkeit zur Behandlungsgruppe unterscheiden, sich aber in den Daten ihrer Erkrankung sowie allen sonstigen Parametern ihrer Lebensumstände möglichst ähnlich sind. Wie die Autoren aber selbst in ihrer Arbeit schreiben, ist es nicht gelungen, unter den Patienten ausreichend viele vergleichbare Patientenzwillinge zu finden, um die Datenbasis für eine aussagekräftige Studie zu schaffen:
Auch eine bereits 2009 an der Universität Freiburg im Rahmen einer Dissertation durchgeführte Untersuchung[26] fand große Unterschiede in den Patientengruppen und schätzte die Möglichkeiten einer vergleichenden Beurteilung des Therapieverlaufs deswegen sehr kritisch ein. Insgesamt waren die Patienten, die sich eine homöopathische Zusatzbehandlung leisteten, jünger und beruflich höher qualifiziert. Diese Unterschiede führten dazu, dass eine Verifikation homöopathischer Effekte auf den Krankheitsverlauf misslang, wie selbst die Studienautoren explizit einräumen. Dennoch wird dies leider nicht von allen Quellen, die diese Arbeit zitieren, betont. |
Aufsatz von Robert Hahn |
Die Veröffentlichung „Homeopathy: Meta-Analyses of Pooled Clinical Data“ von Robert G. Hahn aus dem Jahr 2013[27] wird von Homöopathen mitunter als „Übersichtsarbeit“ oder sogar als „Metaanalyse“ bezeichnet.[28] Das ist nicht korrekt. Hahn betrachtet lediglich einen Teil der existierenden Metaanalysen zur Homöopathie, aber nicht die ihnen zugrunde liegenden Studien und führt keine eigene Sichtung der Datenbanken oder statistische Auswertung durch. Bei seiner Arbeit handelt es sich deshalb lediglich um seine persönliche Bewertung der in der Arbeit genannten Metaanalysen, nicht um einen eigenen Review.
Auch nicht korrekt ist die oft zu lesende Aussage, dass er vor 2013 nie Kontakt zur Homöopathie hatte.[B 14][B 15] Zwar ist richtig, dass Hahn keine weiteren wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema geschrieben hat, er schrieb aber seit 2011 Blogartikel zum Thema.[29] Zitiert wird meist die Aussage des Artikels, man müsse in den vorliegenden Metaanalysen 90 % der Studien zur Homöopathie verwerfen, um zu der Aussage zu kommen, dass keine Placeboüberlegenheit der Homöopathika nachweisbar sei. Hahn schreibt jedoch ebenfalls in seinem Aufsatz:
Tatsächlich kritisieren die Autoren mehrerer der von Hahn betrachteten Metaanalysen die Qualität der vorliegenden Studien.[B 17][B 18][B 19] Nicht nur die von Hahn kritisierte Metaanalyse von Shang kommt zu dem Ergebnis, dass die positiven Effekte für die Homöopathie zurückgehen oder gar verschwinden, wenn man sich auf die hochwertigen Studien konzentriert, sondern auch andere Übersichtsarbeiten wie die Arbeiten von Klaus Linde et al. von 1998[30] und von 1999[31] (Lindes eigener Systematischer Review datiert von 1997, s.u.) Es ist also nicht erstaunlich, wenn die meisten Arbeiten aussortiert werden müssen. Auch Arbeiten, die zu einem positiven Ergebnis für die Homöopathie kommen, schließen nicht weniger Arbeiten aus: Mathie (2014) durchforstet 489 Datensätze, in denen über klinische Studien zur Homöopathie gesprochen wird, von denen zunächst 41 und später lediglich 32 Arbeiten in die Analyse einfließen. Als zuverlässig stuft diese Arbeit letztlich nur drei Arbeiten ein und schließt dabei sogar von anderen Autoren als hochwertig eingestufte Arbeiten aus. |
Systematischer Review von Klaus Linde 1997 |
Die Metaanalyse von Klaus Linde et al. aus dem Jahr 1997[32] wird sehr häufig auf Webseiten zur Homöopathie als Beleg dafür zitiert, dass Homöopathika Placebos überlegen seien. Allerdings wird hierbei meist nur der erste der beiden Sätze des Ergebnisses weitergegeben:
Häufig fehlt der zweite Satz, in dem die Aussage des ersten von den Autoren des Reviews stark relativiert wird:
In der Summe ergibt sich also zwar eine Überlegenheit über Placebo, doch konnte im Review für kein Beschwerdebild eine solche zuverlässig nachgewiesen werden. Der zweite Satz relativiert den ersten also deutlich. Die weiteren Ergebnisse der letzten 18 Jahre haben Linde sogar zu noch vorsichtigeren Einschätzungen der Homöopathie gebracht. Bereits seine zweite Arbeit zum Thema 1998[30] fällt deutlich weniger positiv aus: Im Ergebnis heißt es hier: Tatsächlich verschwanden bereits in dieser Übersichtsarbeit die Effekte zugunsten der Homöopathie völlig, sobald Linde sich auf die hochwertigen Arbeiten beschränkte:
1999 veröffentlichte Linde eine Übersichtsarbeit,[31] die genau dieses Verschwinden der Placeboüberlegenheit in den methodisch hochwertigen Arbeiten herausarbeitet:
Das ist ein niederschmetterndes Ergebnis: Je besser die Studienqualität, desto geringer fallen die Effekte aus. Bei einem realen Effekt ist es eher umgekehrt: Je genauer man misst, desto klarer kristallisiert sich das Ergebnis heraus. Was Linde hier beschreibt, ist das typische Bild eines statistischen Artefakts, der durch schlechte Studienqualität entsteht. 2005 hat Linde im Zuge der Kritik an der dortigen Präsentation der Meta-Analyse von Shang et al. an die Fachzeitschrift Lancet geschrieben:
2015 ist Linde Co-Autor einer Umfrage-Auswertung für die Barmer Krankenkasse. Darin heißt es explizit, dass eine Placeboüberlegenheit der Homöopathika nicht nachgewiesen ist und dass das zukünftige Augenmerk der Forschung eher auf die unspezifischen Behandlungseffekte setzen sollte:
⇒ Siehe Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Linde (1997) |
Systematischer Review von Robert Mathie 2014 |
Obwohl seitens der Homöopathie sehr oft wegen des gering positiven Ergebnisses erwähnt, zeigt die Übersichtsarbeit von Robert T. Mathie et al. aus dem Jahr 2014 bei genauer Betrachtung sehr deutlich, wie schwer es fällt, will man der Gesamtheit der Studien ein positives Ergebnis abgewinnen. Mathie et al. müssen dafür mehrfach vom üblichen Procedere bei systematischen Reviews abweichen.
Der Review umfasst zunächst noch alle nach den Regeln der klassischen Homöopathie durchgeführte randomisierte, doppelt verblindete placebokontrollierte Studien. Von dieser Gesamtheit werden dann aber einige Arbeiten, die keine Placeboüberlegenheit der Homöopathika nachweisen, mit nicht nachvollziehbaren Gründen in das Ergebnis nicht einberechnet. Darunter ist beispielsweise die von anderen Autoren als sehr hochwertig eingeschätzte Münchner Kopfschmerzstudie, die etwa von Linde in einem Review 1998[30] mit fünf von fünf Punkten im Jadad Score[B 24] und sechs von sechs Punkten in eigenem Schema bewertet wurde, die bei Mathie aber ohne Angabe von Gründen als extrem schlecht bewertet wird, sie weise also ein hohes Risiko eines Bias[B 25] auf. Ebensowenig nachvollziehbar ist, dass zwar keine der untersuchten Arbeiten als hochwertig eingestuft wird, dass aber dann doch ohne weitere Begründung drei Arbeiten als zuverlässigste Evidenz bestimmt werden. Das Ungewöhnliche hierbei ist, dass zwei dieser Arbeiten Pilotstudien sind, also sehr kleine vorläufige Arbeiten, denen üblicherweise nicht die Aussagekraft einer klinischen Studie innewohnt. Immerhin fällt die Schlussfolgerung von Mathie et al. erheblich vorsichtiger aus, als dies oft in Zitaten der Arbeit, die einfach nur von einem Überlegenheitsnachweis zugunsten der Homöopathie der Placeboüberlegenheit sprechen, wiedergegeben wird:
⇒ Siehe Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Mathie(2014) |
Metaanalyse von Shang und Egger 2005 |
Der systematische Review von Aijing Shang und Matthias Egger (et al.) aus dem Jahr 2005[35] wird seit seinem Erscheinen von Homöopathen scharf kritisiert. Emotionalisiert wurde die Kritik vor allem durch das Editorial der Ausgabe von The Lancet, in der die Shang/Egger-Studie erschien. In diesem Editorial war vom „Ende der Homöopathie“ die Rede.[36] Dieses oft mit dem Review zusammengebrachte Zitat stammt also gar nicht aus der Arbeit selbst.
Das für die Homöopathie wesentliche Ergebnis der Arbeit ist, dass
Während einige Kritikpunkte an der Shang/Egger-Studie nachvollziehbar sind (beispielsweise, dass das Gesamtergebnis über Studien zu völlig verschiedenen Indikationen zustandekommt), sind einige von Homöopathen vorgebrachte Einwände gegen die Arbeit nicht haltbar. So wurde kritisiert,[37] dass Shang/Egger eine Studie zu Muskelkater einbezogen hatten, die im Ergebnis keine Überlegenheit von Homöopathika gegen Placebo zeigte. Die Begründung – eine solche Behandlung sei sehr selten in der homöopathischen Praxis – ignoriert zahlreiche Empfehlungen von Homöopathika bei Muskelkater, nicht selten sogar wie in der kritisierten Studie für nach dem Sport auftretenden Muskelkater. Schlicht falsch ist die mitunter vorgebrachte Behauptung,[38] die Shang/Egger-Studie enthalte gravierende wissenschaftliche Mängel und sei deshalb von The Lancet offiziell zurückgezogen worden. ⇒ Siehe Hauptartikel Systematische Reviews zur Homöopathie - Shang (2005) |
Neben einzelnen positiven Studienergebnissen beziehen sich Homöopathen mitunter vage auf andere naturwissenschaftliche Begriffe, die die Wirksamkeit der Homöopathika belegen oder zumindest plausibel machen sollen. Beispiele hierfür wären Verweise auf Nanopartikel oder die Quantenphysik. Die Plausibilität der Erklärungsversuche für die Wirkungsweise der Homöopathie und die Zulässigkeit der Verwendung naturwissenschaftlich definierter Begriffe bei diesen Versuchen werden in den Artikelkategorien Erklärungsversuche für die Wirkungsweise homöopathischer Präparate und Wissenschaftliche Begriffe betrachtet.
Für weitere häufig vorgebrachte Aussagen
⇒ siehe Oft gehörte Argumente - Hinweise auf persönliche Erfahrungen, Beliebtheit und Wohlfühlcharakter
⇒ siehe Oft gehörte Argumente - Verbreitete Vorstellungen über den Placebo-Effekt
⇒ siehe Oft gehörte Argumente - Allgemeines über klinische Studien
⇒ siehe Oft gehörte Argumente - Aussagen über Wissenschaft
Quellen- und Literaturangaben |
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Anmerkungen und Originalzitate |
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